Neuer Bahnchef Lutz will es „Stück für Stück“ besser machen? Grube und er haben „Stück für Stück“ abgebaut!

Zu den gestrigen Ankündigungen des neuen Bahnchefs auf der Bilanzpressekonferenz, die Bahn ab jetzt „Stück für Stück besser“ zu machen, erklärt Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag: „Wir messen Lutz an den Taten. Diejenigen Taten von Grube waren die eines systematischen Abbaus von Schiene. Lutz war mitverantwortlich. Nur eine Wende würde das mit dem ´Stück für Stück besser machen´ rechtfertigen“.

Nach dem Rückzug von Rüdiger Grube von der Bahnspitze gab es auch auf der gestrigen Bilanzpressekonferenz und in den Kommentaren zu seinem Wirken fast nur lobende Worte. Die „Süddeutsche Zeitung“ beispielsweise schreibt heute: „Fast acht Jahre regierte Rüdiger Grube den Konzern diszipliniert, mit ruhiger Hand, menschlich […] Grube hat die Bahn beruhigt.“

Sabine Leidig: „Das kann ich so nicht stehen lassen. Unter Grube als Bahnchef und Lutz als Finanzer wurde der Schienengüterverkehr in die größte Krise seit seiner Existenz geführt. Der bei Familien beliebte Autozug wurde abgeschafft. Die fast immer ausgebuchten Nachtzüge wurden systematisch ausgeblutet und dann am 11. Dezember 2016 ebenfalls komplett abgeschafft. Wenn man das unter ´beruhigt´ versteht, dann ist das zynisch.“

Der Abbau erfolgte auch im Kleinen. Buchstäblich „Stück für Stück“. Nach den gestern von der Deutschen Bahn AG vorgelegten Detail-Zahlen in der Jahrespublikation „Daten und Fakten“ wie folgt: In der „Ära Grube“ - in der  Zeit von Ende 2009 bis zum 31. Dezember 2016 – wurde das Schienennetz (Betriebslänge) ein weiteres Mal abgebaut – um 341 Kilometer. Bei der wichtigeren Kennzahl der Gleislänge, die Ausweichgleise, Überholgleise usw. mit einschließt, ist der Abbau wesentlich größer: 3.134 km Gleise wurden gekappt.  Auch die Zahl der Weichen und Kreuzungen wurde weiter abgebaut (um 222 Einheiten). Die Kennzahl sagt viel über die Leistungsfähigkeit des Netzes aus.

Vor allem gab es unter Grube einen massiven Abbau der Gleisanschlüsse. Jahr um Jahr wurden Industriegleise, mit denen einen einzelne Firmen oder Gewerbegebiete einen direkten Zugang zum Schienennetz haben, gekappt. Insgesamt wurden in der Ära Grube 1.355 Gleisanschlüsse vom Netz genommen. Das war ein  Abbau um 36,4 Prozent. Leidig: „Die Krise des Schienengüterverkehr ist in erheblichem  Umfang eine selbst produzierte.“

In einer Zeit, in der für Pkw und Lkw die Straßen Jahr um Jahr ausgebaut und im Luftverkehr alle fünf Jahre ein neuer Regionalairport oder eine große Startbahn eröffnet werden, gab es einen systematischen, kontinuierlichen und unverzeihlichen Abbau des Systems Schiene.

Seit der „Bahnreform“, der Gründung der Deutschen Bahn AG, wurde das gesamte Schienennetz um 19,2 Prozent, die Länge der Gleise um 22,2 Prozent, die Zahl der Weichen und Kreuzungen um 49,3 Prozent und die Zahl der Gleisanschlüsse um 79,8 Prozent abgebaut.

In der Verkehrswissenschaft gilt: Wer Straßen baut, wird Straßenverkehr ernten. Umgekehrt gilt: Wer – unter Dürr, Mehdorn oder Grube – das System Schienen derart massiv und systematisch abbaut, wird eine tiefe Krise des Systems Schiene ernten. Sabine Leidig: „Herr Lutz, ich fordere Sie auf, nun tatsächlich ´Stück für Stück´ diesen unverantwortlichen Rückbau, den Sie mit zu verantworten haben,  rückgängig zu machen. Eine funktionierende Infrastruktur der Schiene muss erst wieder hergestellt werden.“


Angaben im Detail:

Netzlänge 2009 =33.721 km – 2016 = 33.380 km // Gleislänge  2009 = 63.914 km – 2016 = 60.780 km

Weichen: 2009 = 67.157 – 2016: 66.935 // Privatgleisanschlüsse Ende 2009: 3.726 – Ende 2016: 2.371.

1994 hatte das Schienennetz eine Betriebslänge von 41.300 km. Es gab 131.968 Weichen und Kreuzungen und 11.742  Privatgleisanschlüsse.

Alle Angaben nach den jeweiligen  Jahresausgaben von Daten und Fakten, herausgegeben von der Deutschen Bahn AG.