E-Autos: von wegen emissionslos und sauber!

Elektroautos sind nicht die ökologische Lösung der Verkehrsprobleme. Sie sind nur unwesendtlich emissionsärmer und brauchen viele kritische Rohstoffe. Sie verstellen ebenso den öffentlichen Raum und verstopfen die Straßen. Wir brauchen einen Austieg aus der Auto-Gesellschaft und die Förderung nachhaltige Mobilität!
Hier meine Rede vom 30. Juni 2017 im Plenum des Bundestages zu einem Antrag der Grünen "Emissionsfreier Mobilität zum Durchbruch verhelfen – Mit sauberen Autos Wettbewerbsstärke, Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Automobilwirtschaft erhalten". Wirklich schräg ist die Behauptung im Antrag, Elektroautos seien emissionsfrei oder gar sauber. Das ist wirklich eine grobe Täuschung!

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Rede im Wortlaut:

Sabine Leidig (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Ich bin erstaunt, dass die Grünen jetzt mit der CDU darum wetteifern, wer die Automobilindustrie am besten befriedigen kann.

(Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht nicht ums „Befriedigen“! Das ist eine Schlüsselindustrie! 800 000 Jobs!)

Aus Sicht der Linken stehen die Interessen der Menschen im Mittelpunkt, und zwar aller Menschen, die in unseren Städten und Gemeinden leben, aber auch die Interessen der Menschen, die nicht hier leben, sondern im globalen Süden, und die - das wissen Sie genauso gut wie ich - Opfer von Umweltzerstörungen sind.

(Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die brauchen auch Umweltschutz!)

Auch diese Menschen verlieren wir nicht aus dem Blick. Das ist unsere Perspektive. Uns geht es nicht um die Gewinne der Automobilindustrie.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich zitiere:
Die Marktprognosen versprechen bis zu einer Million ... E-Mobile in den nächsten fünf Jahren.

Das stand in der VCD-Zeitschrift fairkehr, und zwar vor einem Vierteljahrhundert, im März 1991. Das gleiche Ziel gilt immer noch, jetzt für das Jahr 2020. Aber man wird erneut scheitern. Aktuell haben wir gerade einmal 57 000 Elektroautos in Deutschland. Insgesamt haben wir aber 12 Millionen Autos mehr als 1990 auf unseren Straßen. Das ist das Problem.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Antrag der Grünen zur emissionsfreien Mobilität ist wirklich geprägt von männlicher Technikgläubigkeit - ich hätte es nicht für möglich gehalten - und dem Wunsch, das Auto als deutschen Exportschlager in der Welt zu behalten. Als ob wir keine anderen Sorgen hätten! Es wäre viel besser, wir würden eine wirklich umweltverträgliche Mobilität entwickeln und dafür sorgen, dass auch andere davon profitieren. Es sollte nicht um „deutsche Autos überall in der Welt“ gehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Übrigens teilen Sie diese Ausrichtung mit dem von Ihnen oft gescholtenen Verkehrsminister Dobrindt. Auch dessen Ziel ist es, „deutsche Autos überall in der Welt“ an die erste Stelle zu setzen. Dieses Ziel teilen wir wirklich nicht.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Das ist gegen die Arbeitsplätze! - Ulrich Lange (CDU/CSU): Was wollen Sie dann umverteilen?)

Herr Özdemir, Sie haben gerade bejubelt, dass 2016 in China rund eine halbe Million Elektroautos verkauft wurden. Tatsächlich sind 2016 in China aber vor allem 28 Millionen Kraftfahrzeuge mit konventionellen Antrieben verkauft worden, und das, obwohl der chinesische Staat den Käufern von Elektroautos insgesamt rund 24 000 Euro pro Fahrzeug zahlt. Ich meine, es kann nicht Sinn der Sache sein, dass man Geld hinterherschmeißt, damit sich die Leute noch mehr Autos anschaffen. Das ist kein Beitrag zur sozialökologischen Verkehrswende.

(Michael Donth (CDU/CSU): Dann müssen Sie das den Chinesen erklären, Frau Leidig!)

Elektroautos sind auch nicht der Inbegriff moderner Mobilität in den Städten, wie es in dem Antrag der Grünen heißt.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE) - Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben wir nicht gesagt!)

Auch mit Batterieantrieb stehen diese Fahrzeuge den größten Teil der Zeit. Sie nehmen Raum für Spielplätze oder Raum für Radwege weg, oder sie stehen im Stau.

Oslo ist heute die Stadt mit den meisten Elektroautos weltweit, und zwar auch, weil man dafür insgesamt 20 000 Euro Förderung vom norwegischen Staat bekommt. Fakt ist allerdings, dass 60 Prozent dieser Elektroautos als Zweit- oder Drittwagen angeschafft worden sind, die Elektroautobesitzer insgesamt mehr Auto fahren und die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zurückgegangen ist. Im Ergebnis heißt Elektromobilität hier also konkret: noch mehr Autos in der Stadt. Und das ist wirklich völliger Unsinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Wirklich schräg ist auch Ihre Behauptung, Elektroautos seien emissionsfrei oder gar sauber. Das ist wirklich eine grobe Täuschung. Sie wissen genauso gut wie wir, dass, wenn man den gesamten Produktionsprozess berücksichtigt, die CO2-Emissionen von Elektrofahrzeugen nicht wesentlich geringer sind als von normalen Fahrzeugen, da für die Batterieproduktion viel mehr Energie gebraucht wird als für die Produktion eines normalen Motors. Hinzu kommt aber, dass für die Herstellung von Batterien viele kritische Rohstoffe gebraucht werden. Ich nenne nur Lithium und Kobalt; es gibt noch andere, deren Vorkommen unter katastrophalen Umweltbedingungen und unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen im globalen Süden ausgebeutet werden.

Das wollen wir nicht. Wir wollen nicht weiter auf Kosten von anderen leben. Wir wollen wirklich vernünftige Auswege aus dieser Automobilgesellschaft finden.

(Sören Bartol (SPD): Was wollt ihr denn dann? Willst du Zeppelin fahren? Was willst du denn?)

Dafür gibt es probate Mittel. Dazu liegen Vorschläge auf dem Tisch. Übrigens haben auch die Grünen hier zwei Anträge dazu vorgelegt, einen zur Förderung der Bahn und einen zur Förderung des Fahrradverkehrs. Stecken Sie das Geld, das Sie zum Pampern der Automobilindustrie verschleudern, in den öffentlichen Nahverkehr. Stecken Sie das Geld in vernünftige Elektromobilität, in Straßenbahnen, in S-Bahnen und in Eisenbahnen. Damit tun Sie - das fordern wir auch - viel mehr für die Gesellschaft, für einen sozialökologischen Umbau und auch für eine nachhaltige Mobilität, als wenn jetzt individuell noch mehr Elektroautos gefördert würden. Diesen Weg lehnen wir ab.

(Beifall bei der LINKEN)