Mehr Maut fordern statt Mautflucht fördern

Rede von Herbert Behrens zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Lkw-Maut. Dieser sei Murks, weil er die Mautflucht nicht eindämme und auf Mauteinnahmen verzichte. "Wir fordern: Die Maut muss zu einem Steuerungsinstrument im Transportwesen weiterentwickelt werden. Mauteinnahmen sind nicht ausschließlich für den Straßenbau da; sie gehören in das Verkehrssystem insgesamt: in die Schiene, in die Straße und in die Wasserwege." (Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung mautrechtlicher Vorschriften für Bundesfernstraßen Drucksache 17/4979)

 

 

Herbert Behrens (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die Bundesregierung legt uns heute einen Gesetzentwurf vor ein halbes Jahr zu spät und dann auch noch Murks.

(Patrick Döring (FDP): Was?)

Ihre Bundesstraßenmaut bringt weder ausreichende Einnahmen, noch verhindert sie, dass die schweren Lkw weiter durch Dörfer und Städte donnern.

Sie haben Veränderungsbedarf angekündigt. Hier einige Vorschläge von uns:
Erstens. Der Bundesverkehrsminister begnügt sich zunächst mit 2 000 Kilometern Bundesstraßen. Das sind gerade einmal 5 Prozent aller Bundesstraßen. Statt konsequent Mautflucht zu verhindern und Lkw-Verkehr zur Finanzierung der Verkehrskosten heranzuziehen, betreiben Sie Flickschusterei.

(Patrick Döring (FDP): Wollen Sie die Bemautung aller Bundesstraßen? - Gegenruf von der LINKEN: Ja!)

Bemautung auch der Bundesstraßen - genau das wollen wir.

(Patrick Döring (FDP): Dann ist das ja geklärt!)

In Ihrem Gesetz kommt überhaupt nicht vor, welche Belastungen die Menschen zu ertragen haben, die mit schweren Lkw vor der Haustür leben müssen, weil die Spediteure ihre Fahrer über Land schicken. Um der Maut auszuweichen, nutzen sie einspurige Bundesstraßen.

Ich nenne als Beispiel die Bundesstraße 5. Das ist die klassische Strecke für Mautpreller zwischen Hamburg und Berlin. Die B 5 fehlt bis auf einen einzigen kurzen Abschnitt in der Liste der Mautstrecken. Erklären Sie, Herr Minister oder Herr Staatssekretär, das einmal den Bewohnerinnen und Bewohnern in Lauenburg und in Ludwigslust!

Mautflüchtlinge benutzen aber auch Landesstraßen. In meiner Heimatstadt Osterholz-Scharmbeck kämpfen Anwohnerinnen und Anwohner der L 135 gegen 800 schwere Lkw, die täglich dort zwischen Bremen und Bremerhaven pendeln, obwohl sie auf der parallel gelegenen A 27 hätten fahren sollen.

In einem Bericht des Ministeriums über Verlagerungen durch Mautausweichverkehr gibt es dazu eine genaue Auflistung. Würden wir nur die am stärksten betroffenen Strecken, also die mit mehr als 500 schweren Lkw pro Tag, nehmen, dann müssten zum Beispiel in Niedersachsen doppelt so viele Strecken zusätzlich bemautet werden, wie jetzt von Ihnen vorgeschlagen.

Unsere Forderung zur Gesetzesvorlage: Die Liste der Streckenabschnitte, also die Liste der 80, muss überarbeitet werden.

(Patrick Döring (FDP): Die wird es nicht mehr geben, die Liste!)

Auch die Auswirkungen auf Ballungsgebiete müssen untersucht und die Einbeziehung von Ortsdurchfahrten in kommunaler Baulast muss überprüft werden. Das hat ja auch der Bundesrat im vergangenen Monat gefordert.

Zweitens. Die Maut ist nicht hoch genug. Das sagt selbst eine Studie aus dem Bundesverkehrsministerium. Bei der dort vorgenommenen Wegekostenberechnung kommen 30 Cent pro Kilometer heraus. 30 Cent pro Kilometer müssten Spediteure also eigentlich zahlen; heute sind es im Schnitt gerade einmal 18 Cent auf Autobahnen.
Wir fordern, die Mauthöhe auf Bundesstraßen auf Grundlage der realen Wegekosten zu berechnen. In der Schweiz gibt es übrigens eine flächendeckende Maut, die drei- bis viermal höher ist als die aktuelle auf bundesdeutschen Autobahnen. Die Einnahmen daraus fließen in das gesamte Verkehrssystem und nicht nur in die Straße.
Drittens. Wir halten die Lkw-Maut für ein absolut sinnvolles Instrument, aber es muss konsequent zu einer ökologischen Verkehrslenkung genutzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Spreizung der Maut nach Schadstoffklassen war ein erster Schritt.
Wir fordern: Die Maut muss zu einem Steuerungsinstrument im Transportwesen weiterentwickelt werden. Mauteinnahmen sind nicht ausschließlich für den Straßenbau da; sie gehören in das Verkehrssystem insgesamt: in die Schiene, in die Straße und in die Wasserwege.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz zeigt, dass die Bundesregierung im Klein-Klein verharrt. Das ist auch auf europäischer Ebene der Fall.
So schlägt beispielsweise die EU eine Eurovignette für alle Transporter ab 3,5 Tonnen vor. Wie kommt das bei Herrn Ramsauer an? Wir hören von ihm nur: Blockade.

(Patrick Döring (FDP): Beantragen Sie das doch mal hier!)

Die EU versucht, Staukosten und die Kosten für Lärm und Umweltschäden in die Eurovignette einzubeziehen. Was kommt aus Deutschland? Wieder Blockade.

(Patrick Döring (FDP): Wo ist der Antrag der Linken?)

Der Bundesverkehrsminister hätte heute die Chance gehabt, dazuzulernen. Es ist jetzt an ihm, ob er weiter herummurkst oder ein Gesetz auf den Weg bringt, das den Verkehr beruhigt und vielen Menschen das Leben einfacher macht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

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