Buchrezension „Biohacking – Gentechnik aus der Garage“

Gentechnik aus der Garage? Freaks in Hinterzimmern, die an Genen rumbasteln? Und das soll es auch in Deutschland geben? Diese Fragen gingen mir durch den Kopf, als ich durch einen Radiobeitrag auf das neue Buch „Biohacking“ aufmerksam gemacht wurde. Von Berufswegen mit dem Thema der Biotechnologie, vor allem der Agro-Gentechnik, vertraut, wollte ich mir diese Lektüre nicht entgehen lassen.
 
Das Autorenteam besteht aus drei Wissenschaftsjournalisten, die sich als studierte Biologen dem Thema zuwenden, wie viel Gentech-Forschung nicht in den Hochsicherheitslabors der Konzerne und Hochschulen, sondern in Privaträumen und öffentlichen Gemeinschaftslabors stattfindet. Das Buch ist ein ausführliches Portrait der Szene der so genannten „Bio-Hacker“. Sie ist vor allem in den USA rasant gewachsen, aber auch auf dem alten Kontinent findet dieses Hobby immer mehr Freundinnen und Freunde. Dabei geht es weniger darum, gefährliche Experimente zu machen, sondern viel mehr um kleine und kleinste Isolationen von DNA oder Neukombinationen verschiedener Gene.

Im Stile ihres Do-It-Yourself-Buches betrieben die drei Journalisten Hanno Charisius, Sascha Karberg und Richard Friebe nicht nur aufwändige Recherchen in mehreren Ländern, sondern versuchten sich auch selbst an diversen Experimenten. Mal mehr, mal weniger erfolgreich. Dabei war ihre Prämisse, dass es legal und ungefährlich bleiben muss. Für ein Buch in einem so kritischen Bereich wie der Biotechnologie ist das auch sehr wichtig, um die Herstellung von Biowaffen nicht auch noch zu erleichtern. Trotzdem sind die Sicherheitsbehörden hellhörig. Sie beobachten die Bio-Hacker-Szene ausgiebig, das FBI führt für die Gen-Bastler sogar Veranstaltungen durch. Die Geheimdienste suchen direkten (und sicherlich auch indirekten) Kontakt zu den Hobby-Forschern.
 
Spannend an dem Buch ist der Spagat zwischen wissenschaftlicher Recherche, politisch-gesellschaftlicher Bewertung des Biohackings und eigener, teilweise spielerisch beschriebener DNA-Bastelarbeit. Beim Leser erzeugt letzteres das Bild dreier Jungs, die gespannt vor ihrem Chemiebaukasten sitzen und akribisch an neuen Experimenten arbeiten. Beim Schnapsglas-Genomprojekt versuchen sie die eigene DNA in hochprozentigem Alkohol aus ihrer Spucke zu extrahieren. Sie probieren Hundehaufen per Gentest dem tierischen Verursacher zuzuordnen. Und sie schauen vielen Hobby-Bastlern, Halb-Profis und Profis, die außerhalb ihres eigentlichen Forschungsauftrages einfach mal an ihrem eigenen Lieblingsthema forschen wollen, über die Schulter. Diese sind anfangs meist skeptisch, aber anschließend meist ausgiebig bereit, den drei Journalisten über ihre Pionierarbeit im Biohacking-Bereich zu berichten.
 
Glaubt man Charisius, Karberg und Friebe dann werden sich immer mehr Menschen immer intensiver mit den spannenden Themen der Gen- und Biotechnologie beschäftigen. Die Journalisten vergleichen die DIY-Bewegung mit den Anfängen der IT-Bastelei in den 80er Jahren und behaupten, dies sei eine Demokratisierung der Wissenschaft, welche sonst nur in High-Tech-Labors mit der nötigen finanziellen Ausstattung möglich sei. Der Bundestagsabgeordnete und Biowaffenspezialist der Linkspartei, Jan van Aken, hat zwar keine Angst vor Bioterror-Küchen, aber unwohl ist ihm beim Gedanken an Scharen von Heimwerker-Gentechnikern schon. In 0,1 Prozent der Fälle könnte doch etwas Gefährliches im Abfluss landen. Andererseits ist es im Sinne einer kritischen Auseinandersetzung mit der Biotechnologie und der Agro-Gentechnik gar nicht schlecht, wenn sich viele Menschen damit beschäftigen. So lange es legal bleibt und riskante Experimente unterbleiben, kann das zur Versachlichung der Debatte beitragen und das Gentechnikwissen raus aus den Konzern- und Universitätslabors holen.

Hanno Charisius, Sascha Karberg & Richard Friebe (2013): Biohacking – Gentechnik aus der Garage, Carl Hanser Verlag München, 19,90 EUR

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