Union will kein Anbauverbot für Gentech-Pflanzen

von Dr. Kirsten Tackmann

In der öffentlichen Anhörung zur Änderung des Gentechnikgesetzes am 16. Januar ging es um eine neue EU-Regelung, nach der Mitgliedsstaaten den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auch dann verbieten können, wenn die gentechnische Pflanze EU-weit zugelassen ist.

DIE LINKE kämpft seit jeher gegen die Risikotechnologie Agrogentechnik, die in unserem Land von der Mehrheit (rund 76 Prozent) abgelehnt wird. Wir fordern ein EU-Zulassungsverfahren, das alle Gefahren prüft und riskante Pflanzen verhindert. Verbesserungen wurden erreicht, aber es bleiben Lücken. Zum Beispiel werden sozio-ökonomischen Folgen, ethische Fragen und Langzeitwirkungen unzureichend oder gar nicht geprüft.

Europaweit wächst der Widerstand. Im EU-Rat, der über die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen entscheidet, fand sich letzten beiden Jahren regelmäßig keine qualifizierte Mehrheit von Mitgliedsstaaten, weder für noch gegen eine solche Zulassung. Deshalb hat die EU-Kommission oft ersatzweise diese Risikopflanzen auch gegen die kritischen Mitgliedsstaaten zugelassen. Auch dagegen formierte sich immer mehr Widerstand, so dass zuletzt viele Zulassungsanträge auf Eis gelegt wurden.

Um den Widerstand der kritischen Mitgliedsstaaten zu neutralisieren, werden ihnen nationale Anbauverbote trotz EU-weiter Zulassung ermöglicht (opt-out). In Phase 1 können sie über die EU-Kommission den antragstellenden Konzern bitten, keine Zulassung für ihr Hoheitsgebiet zu beantragen. Wenn das nicht gelingt können sie selbst ein Anbauverbot regeln (Phase 2).

Hört sich einfach an, wenn man nur will. Der Bundesrat hat ein bundeseinheitliches und rechtssicheres Verfahren vorgeschlagen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung und die Anhörung zeigen aber, dass die Union kein Anbauverbot will.

Die Hürden dafür sind nahezu unüberwindbar. Für Phase 1 müssen sich sechs (!) Bundesministerien oder eine Mehrheit von Bundesländern in kurzer Zeit einigen. Auf die Frage, wie lange eine solche Einigung dauern würde, antworte ein Experte (früher im Agrarministerium zuständig) entwaffnend ehrlich: „Ein Beamtenleben oder nie.“

Obwohl nach EU-Vorlage für Phase 1 allein der politische Wille ausreicht, fordert die Bundesregierung bereits hier auf einer Liste abschließend benannte inhaltliche Gründe, was die EU auch nicht vorsieht. Das ist eine Steilvorlage für die Konzerne für ihre juristischen Chancen, ein Anbauverbot zu verhindern. Beweislast und Prozessrisiko tragen die Bundesländer. Und ein einzelnes Land kann das Anbauverbot wieder kippen (opt-in).

Zwar können auch einzelne Bundesländer Anbauverbote regeln, doch werden sich Pollen, Bienen oder Saatgut kaum an diesen Flickenteppich halten.

Da unklar ist, wann Bund oder/und Länder handeln können/sollen/müssen, wurden sogar Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes laut.

Die Strategie der Union scheint klar: Mit dem (Schein-)Angebot eines Anbauverbots in Deutschland wollen sie in Brüssel der Zulassung von Gentechpflanzen zustimmen, aber hier das Anbauverbot verhindern.

Da macht DIE LINKE nicht mit. Wir wollen ein sicheres Zulassungsverfahren. Oder wenigstens ein bundesweit einheitliches, einfaches und rechtssicheres Anbauverbot. Die rot-rot-grüne Mehrheit dafür steht. Die SPD muss es nur wirklich wollen.