Kommt die Bundesfernstraßengesellschaft, bleibt die Verkehrswende auf der Strecke

151204 Bundesfernstraßengesellschaft TagungAm 4. Dezember trafen sich über 40 VertreterInnen aus Gewerkschaften, Straßenbau-Betrieben, Bürgerinitiativen sowie PrivatisierungsgegnerInnen und Landtagsabgeordnete der LINKEN auf Einladung von Sabine Leidig. Anlass ist die dem Verkehrssektor drohende, gravierende Strukturveränderung zulasten ökologischer Verkehrsträger. Neubau,  Ausbau und Betrieb von Bundesfernstraßen sollen zentralisiert, ins Privatrecht ausgelagert und dann privatisiert werden. Autobahnneubau bekommt eine Renaissance. Für die Verkehrswende bleibt kein Geld mehr übrig.

Für den Input sorgte Carl Waßmuth von "Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB)". Er berichtete, dass der Vorschlag zu einer Bundesfernstraßen-Gesellschaft (BFG) von der Fratzscher-Kommission kam, einberufen von Wirtschaftsminister Gabriel. Bei der BFG geht es um 150 Milliarden Euro, dieses Geld hat der Staat nicht bar, deswegen soll die BFG sich verschulden dürfen, und sie soll schuldenfinanzierte Autobahn-Projekte auflegen. Die zum Beispiel von Versicherungen geleisteten Kredite gelten wegen der speziellen Konstruktionsweise der BFG nicht als Schulden im Sinne der Schuldenbremse. Nichtsdestotrotz müssen die Schulden aus diesem gigantischen Schattenhaushalt aus Steuern und Gebühren zurückbezahlt werden. Und zwar zuzüglich der sehr teuren Zinsen, die der Preis wären für das Schuldenverstecken. Schienen- und Wasserwege unterlägen dem gegenüber der Schuldenbremse und damit Haushaltsengpässen. Eine private Gesellschaft entzöge sich zudem der demokratischen Kontrolle.

Arbeitsplätze bedroht

Die Bundesregierung lässt keinen Zweifel daran, dass sie eine Bundesfernstraßengesellschaft will, was die Abkehr von der bisherigen Auftragsverwaltung für die Bundesländer bedeuten würde. Heute verwalten 30.000 öffentlich Beschäftigte den Straßenbau, 18.000 davon die Bundesfernstraßen; sie sind bei den Ländern angesiedelt, das hat das Grundgesetz so vorgesehen. Deren Arbeitsplätze sind bedroht. Voraussichtlich würde eine solche Gesellschaft zunächst nur die Autobahnen umfassen. Selbst wenn diese Gesellschaft zu 100 Prozent im öffentlichen Besitz wäre, wäre das Ziel dennoch mehr private Beteiligung am Bau, Unterhalt und vor allem Finanzierung der Straßeninfrastruktur. Letzteres hat bei den laufenden Öffentlich-Privaten-Partnerschaften-Projekten (ÖPP) im Fernstraßenbau zu erheblichen Mehrkosten gegenüber der konventionellen Variante geführt, sodass die vom Bund vorbereitete BFG schon aus fiskalischer Perspektive höchst kritisch zu sehen ist. Höchstwahrscheinlich sind für eine BFG auch Änderungen des Grundgesetzes notwendig.

Die Verkehrsminister der Länder halten dagegen und haben eine Kommission unter dem früheren Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig eingesetzt (Bodewig II – Kommission). Drei verschiedene Szenarien (Umsetzung Fratzscher-Kommission, Bundesfernstraßengesellschaft und Reform Auftragsverwaltung durch Bund und Länder) sollen analysiert und bewertet, die Ergebnisse dann auf einer Sonder-Verkehrsministerkonferenz (VMK) im Februar 2016 präsentiert werden. Bis dahin solle der Bund seine Pläne zurückstellen.

Bundesfernstraßengesellschaft verhindern

In der Diskussion der Tagung wurden Vorschläge zur Verbesserung der Auftragsverwaltungen gemacht: mehr Personal mit besserer Bezahlung, höhere Erstattung an (überjährigen) Planungskosten. Einig war man sich in der Ablehnung der BFG und die Zusammenarbeit von betroffenen Beschäftigten, Gewerkschaften, Umweltinitiativen, PrivatisierungsgegnerInnen mit LINKEN aus Bund, Ländern und Kommunen soll intensiviert werden.

Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag hat sich klar gegen die Gründung einer solchen Gesellschaft ausgesprochen. Zu diesem Antrag hat der Verkehrsausschuss bereits eine Anhörung beschlossen, diese wird aber erst nach Vorliegen der Ergebnisse der Bodewig II-Kommission durchgeführt werden. In den Landtagsfraktionen der LINKEN werden entsprechende Anträge vorbereitet.