Immer offensichtlicher: Gezielte Falschinformation zu Stickoxiden
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- 25 Januar 2019
- von Dominik Fette
Fahrverbote – mit diesem Damoklesschwert erreicht die Debatte über die Gesundheitsgefahren durch Stickoxide ihren Höhepunkt. Autohersteller kommen in Bedrängnis. Es setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass der Autoverkehr für die Allgemeinheit mehr Fluch als Segen ist. Und dann kommt plötzlich überall der Lungenfacharzt Dieter Köhler zu Wort: Fahrverbote wären "völliger Unsinn" und die Grenzwert ein "Witz", denn von Stickoxiden ginge praktisch kein Gesundheitsrisiko aus. Dankbar aufgegriffen werden die Positionen in den Reihen von CSU, FDP und AfD sowie dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, die gleich Gesetzesänderungen verlangen.
Inzwischen ist klar, dass die Aussagen von Dieter Köhler eine Minderheitenmeinung sind (Faktencheck zu „hart aber fair“ vom Focus). Nur rund 100 Ärzte von den rund 3.800 Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) haben das Positionspapier unterzeichnet. Auch wenn Köhler mal ihr Vorsitzender war: Die DGP selbst vertritt eine gegenteilige Position und hat in einem ausführlichen Positionspapier vom November 2018 die bestehenden Grenzwerte ausdrücklich verteidigt. „Gesundheitliche Effekte von Luftschadstoffen sind sowohl in der Allgemeinbevölkerung als auch bei Patienten mit verschiedenen Grunderkrankungen gut belegt“, heißt es in der Zusammenfassung.
Der Wissenschaftsjournalist Joachim Müller-Jung nennt Köhlers Positionspapier in der FAZ eine „Unterschriftenliste gegen die Gesundheitsvorsorge, die noch dazu das Vertrauen in die Forschung untergraben soll“. Es stammt zudem aus der Feder von vier Personen – neben zwei Lungenärzten auch Matthias Klingner (Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme) und Thomas Koch (Karlsruher Institut für Technologie, früher über 10 Jahre lang bei Daimler) - siehe dazu die Pressemitteilung von Lobbycontrol.
Gegenüber der taz musste Dieter Köhler einräumen, dass es keine überprüfte wissenschaftliche Veröffentlichung zum Thema Stickoxid von ihm gäbe.
Hoffen wir, dass sich klären lässt, von wem die Initiative zu dem Positionspapier und der damit verbundenen Medieninitiative tatsächlich ausging. Floss Geld? Gab es anderen Einfluss? Und hoffen wir, dass die Medien zukünftig besser recherchieren, bevor sie einen einzelnen Arzt derartig hofieren. Und dass sie jetzt Gegendarstellungen veröffentlichen.