Mit Harz gegen Hartz? Nebennutzung der Wälder als Element regionaler Wirtschaftskreisläufe

In der DDR war die Baumharzgewinnung auf Spitzenniveau. Hier und in Frankreich kam sie 1990 zum Erliegen. Jetzt versucht eine Arbeitsgruppe, diese Waldnebennutzung zumindest in Südwesteuropa wiederzubeleben. Die Kommunistische Partei Frankreichs (PCF) unterstützt dies auf politischer Ebene.

„Griechischer Wein ist so wie das Blut der Erde,“ sang Udo Jürgens 1974. Und immerhin schmeckt Retsina, wohl der bekannteste griechische Wein, nach Harz, dem Blut der Bäume. Bereits in der Antike wurden Weinkrüge damit abgedichtet. Und in Ägypten gab es sogar eine eigene Hieroglyphe für den Harzfluss der Bäume.

Der Hauptbestandteil des Harzes heißt Kolophonium, benannt nach der Stadt Kolophon zwischen Smyrna (heute Izmir) und Ephesos. Dort lag das Zentrum des antiken Harzhandels. Nur dank Kolophonium kann der Bogen die Saiten einer Geige zum Klingen bringen. Vorrangig wird es allerdings zur Herstellung von Papierleim, Farben und Klebemitteln verwendet.

Vor 1990 war die DDR bei der Baumharzgewinnung weltweit auf Spitzenniveau. Die schwere Arbeit der Harzer wurde nach Leistung entlohnt. Während ein normaler Waldarbeiter mit etwa 700 Mark nach Hause ging, kam ein geübter Harzer leicht auf das Doppelte.

Mit 8000 t erzeugtem Kolophonium wurde aber nur knapp die Hälfte des DDR-Bedarfs gedeckt. 4-5 kg pro Baum, etwas weniger als in Südeuropa. 1990 war leider Schluss mit dem DDR-Harz, da nicht zu Weltmarktpreisen (ca. 500 € / t) erzeugt werden konnte. Heute wird importiert oder synthetisches Kolophonium verarbeitet. Weltweit werden etwa 1,2 Millionen Tonnen Kolophonium erzeugt, zwei Drittel davon in China.

Baumharzgewinnung schadet den Bäumen nicht. Es sprechen dennoch ökologische Gründe dagegen: Sie ist meist gebunden an Kiefer-Monokulturen. Das beschränkt die Artenvielfalt und macht Wälder anfällig für Schädlinge, Stürme und Brände. Im Rahmen des Waldumbaus sollen standortsfremde Nadelwälder wieder zu Mischwäldern werden. Aber ohne Kiefern kein Harz. Schlechte Karten für eine Renaissance der Baumharzgewinnung?

Auch in Frankreich wurde 1990 das Harzen aufgegeben. Inzwischen gibt es dort aber Ideen wieder damit anzufangen, ebenso in Spanien und Portugal. In Österreich hat eine Projektstudie der Harzgewinnung Zukunftschancen eingeräumt. Forstwirtschaftliche Nebenprodukte wie Pilze, Beeren, Honig und eben Harz könnten regionale Wirtschaftskreisläufe deutlich bereichern. Die PCF hat den Kampf der Beschäftigten um den Erhalt der Baumharzgewinnung, um die Arbeitsplätze der „gemmeurs“ Jahrzehnte lang begleitet. Jetzt ist sie mit dabei, wenn es um Konzepte für eine nachhaltige und ökologisch unbedenkliche Baumharzgewinnung in Südwestfrankreich geht. Der Rohstoff muss dazu natürlich vor Ort weiterverarbeitet werden um die Wertschöpfung in der Region zu halten. Wenn dies gelingt, wäre es ein Beispiel und Vorbild für ökonomische und soziale Stabilisierung ländlicher Räume.