Der Wolf ist nur ein zusätzliches Problem in der Schafhaltung

Auf Grundlage von vier Anträgen zum Wolf und zum Herdenschutz – u. a. der Antrag der LINKEN „Herdenschutz jetzt bundesweit wirkungsvoll durchsetzen“ (19/581) - fand am 18. April 2018 im Umweltausschuss des Bundestages eine Öffentliche Anhörung statt.

 

Im voll besetzten Sitzungssaal standen den Abgeordneten insgesamt neun Sachverständige zur Verfügung: von der Abteilung Forensische Genetik und Rechtsmedizin (ForGen) am Institut für Hämatopathologie, dem Deutschen Bauernverband über den Deutschen Jagdverband, des LUPUS Instituts für Wolfsmonitoring und -forschung (gleichzeitig einer der Träger des Dokumentations- und Beratungszentrum des Bundes zum Thema Wolf, DBBW), dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der Deutschen Wildtierstiftung bis hin zum Verein Sicherheit und Artenschutz. Letztgenannter Verein ist für Stimmungsmache gegen den Wolf, vor allem in Verbindung mit Angriffen auf den Menschen bekannt und wurde von der AfD benannt.

Für Aufsehen sorgten die beiden Sachverständigen aus dem Berufsstand, die von den LINKEN und den GRÜNEN benannt wurden: Frank Hahnel von der Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde und Schäfermeister in Märkisch-Oderland sowie Andreas Schenk vom Bundesverband der Berufsschäfer. Sie machten besonders überzeugend deutlich, dass den Schäferinnen und Schäfern die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht nicht helfen würde. Aus rechtlicher Sicht würde das ohnehin eine Änderung des Artenschutzstatus‘ voraussetzen, klärte Herr Prof. Dr. Köck vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung auf.

Auch ohne Wolf stand den Schäferinnen und Schäfern das Wasser schon lange bis zum Hals. Mittlerweile gibt es weniger als 1.000 Betriebe, die mehr als 500 Schafe haben. Eine Betriebsnachfolge ist aufgrund von geringen Einkommen, schwierigem Produktabsatz trotz niedriger Preise extrem schwierig. Dabei wäre es eine Katastrophe, wenn die Schafhaltung weiter sterben würde, denn wir brauchen sie dringend. Ohne sie fehlt die Offenhaltung der Kulturlandschaft. Kein Deich ist so sicher, wie ein beweideter. Schafe werden tiergerecht gehalten, der Grünlanderhalt nutzt dem Klimaschutz. Schafe liefern naturschonend produzierte Lebensmittel und Wolle. Der Wolf ist also nicht Schuld am Sterben der Schafhaltung, er ist nur ein zusätzliches Problem, das mit Unterstützung aber gelöst werden kann.

DIE LINKE macht seit vielen Jahren auf diese prekäre Situation aufmerksam und fordert mehr Unterstützung ein. Der Verweis auf Förderprogramme über die Zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik reicht nicht. Durch Schafe gepflegte Flächen sind nicht immer beihilfefähig, so beispielsweise Truppenübungsplätze oder passen nicht in die entsprechenden Förderprogramme - und es geht nur um Ausgleichszahlungen für die zusätzlich erbrachten Leistungen. Gebraucht wird endlich eine Weidetierprämie, von der alle profitieren und die DIE LINKE bereits 2013 für diese EU-Förderperiode gefordert hat. Schäferinnen und Schäfer, besonders Wanderschäferinnen und -schäfer, verfügen kaum über eigene Flächen, also auch über keine eigenen Prämienansprüche. Bei gepachteten Flächen fließt das Geld oft über hohe Pachtzahlungen an die Flächeneigentümer.

Deshalb wird eine Weidetierprämie für die gesellschaftlich wichtige Schafhaltung dringend gebraucht. Dafür setzen wir uns erneut mit dem Antrag „Weidetierprämie für Schafe und Ziegen jetzt auf den Weg bringen“ ein, der am 19. April 2018 im Plenum in die Ausschüsse überwiesen wurde. Den Antrag bringen wir zusammen mit den GRÜNEN ein, um eine größere Schlagkraft zu entwickeln.

Die Linksfraktion im Bundestag hat auch im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft eine Anhörung beantragt, in deren Mittelpunkt der Herdenschutz stehen soll. So wollen wir die Dringlichkeit der Regelung noch vor der neuen EU-Förderperiode, deren Ausgestaltung gerade intensiv diskutiert wird, deutlich machen. Schon ab 2019 ist eine Einführung dieser Prämie in Deutschland möglich, wenn der Bundestag bis zum 1. August 2018 den Beschluss fasst, eine entsprechende Mitteilung an die Europäische Kommission zu richten. Darauf zielt unser Antrag, der pünktlich zur Agrarminister_innenkonferenz vom 25. bis 27. April 2018 in Münster eingebracht wird.

Perspektivisch setzt sich DIE LINKE auch für eine Weidetierprämie für Große Wiederkäuer ein. Der Beitrag der Landschaftspflege durch extensive Beweidung zum Natur-, Arten- und Klimaschutz ist immens und muss dringend gefördert werden.

Zusätzlich brauchen Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter aber auch verlässliche Unterstützung für den präventiven Herdenschutz. Denn sie wollen ihre Tiere schützen und nicht nur den Schaden durch Wolfsübergriffe ersetzt haben. Dazu brauchen sie einen Rechtsanspruch auf finanzielle Unterstützung für präventive Maßnahmen, z. B. auch für die Anschaffung und den Unterhalt für Herdenschutzhunde, aber auch verlässliche und bundeseinheitliche rechtliche Rahmenbedingungen. Auch das wurde in der Anhörung klar. DIE LINKE wird an diesen Themen dran bleiben.

Dr. Kirsten Tackmann, MdB