Reformkommission Bau von Großprojekten: Die Böcke-zu-Gärtnern-Kommission

Im Mai 2013 wurde die „Reformkommission Bau von Großprojekten“ ins Leben gerufen. Wesentliches Ziel sollte dabei sein, „die Akzeptanz von Großprojekten in der Bevölkerung (zu stärken)“. Schaut man sich die Liste der Mitglieder an, so wird schnell klar, dass es nicht um mehr Bürgerbeteiligung und die Diskussion der Frage geht, welche Großprojekte überhaupt Sinn machen. In einer Runde aus Projektbefürwortern und -profiteuren wird es wohl nur darum gehen, Strategien zu entwickeln, wie Großprojekte künftig reibungsloser durchgesetzt und gebaut werden können. Winfried Wolf berichtet ausführlich über die Mitglieder der Kommission, die in diesem PDF (85kb) zudem tabellarisch aufgelistet sind. Eingereicht habe wir dazu auch eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, zu der bereits die Antwort da ist, die wie erwartet mager ausfällt (Bundestagsdrucksache 17/14808). >> Auswertung der Antwort
Siehe auch den Artikel in der Stuttgarter Zeitung "Ramsauers Reformkommission - Ein Tummelplatz für Lobbyisten" und in der Kontext-Wochenzeitung.
ramsauers-kluengelrunde

Im Mai 2013 wurde durch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer als Kopf des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) die „Reformkommission Bau von Großprojekten“ ins Leben gerufen. Wesentliches Ziel sollte dabei sein, „die Akzeptanz von Großprojekten in der Bevölkerung (zu stärken)“. Ziemlich deutlich wird in der offiziellen Beschreibung der Zielsetzungen der Kommission, dass hier die Bewegung gegen Stuttgart 21 Geburtshelferin war. Laut Gründungsdokument werde die Frage aufgeworfen, inwieweit es bei „einer Reihe aktueller Projekte (z.B. Stuttgart 21, Flughafen BER, Elbphilharmonie Hamburg) strukturelle Defizite“ gegeben habe, sodass die „Bürgerinnen und Bürger (…) die Fähigkeit von Politik, Verwaltung und Wirtschaft, Großprojekte erfolgreich durchzuführen, (anzweifeln).“[1] Es müsse bei Großprojekten „mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit“ geben.




Unzucht mit Abhängigen

Der Öffentlichkeit wird mitgeteilt, die Kommission sei „mit rund 35 hochkarätigen Expertinnen und Experten aus der Praxis und Spitzenkräften aus der Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Verbänden besetzt.“

Stellt man nun die Kommissionsmitglieder – es waren kurzzeitig 38, aktuell sind es 36[2] – auf eine Waage, dann gibt es unter ihnen sicherlich den einen und die andere, bei denen man sich ein Engagement für die zitierte Zielsetzung  vorstellen kann. Das dürfte auf die Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, auf den Projekt-Manager und Koordinator bei den Olympischen Spielen in London 2012, Klaus Grewe, und möglicherweise auch auf die Unternehmensberaterin Christine Wolff (die jüngst Hochtief im Vorfeld des massiven Zugriffs seitens der spanischen Konzernmutter ACS verließ) zutreffen.[3] Interessant ist, dass in der Kommission der Bundesrechnungshof zunächst mit seinem Präsidenten Prof. Dr. Dieter Engels und mit seinem Vizepräsidenten Christian Ahrendt vertreten war. Inzwischen wird  der unbescholtene Prof. Dr. Dieter Engel nicht mehr als Kommissionsmitglied genannt; auf Nachfrage beim Bundesrechnungshof erfährt man, man habe sich da auf eine „interne Arbeitsteilung“ geeinigt. In der Kommission ist der BRH jetzt nur noch durch seinen Vize, den langjährigen FDP-Berufspolitiker Christian Ahrendt vertreten.

24 Kommissionsmitglieder oder zwei Drittel der gesamten Kommission werden sich bereits als Konsequenz ihrer Funktion für eine unhinterfragte, zügige und kompromisslose Durchsetzung von Großprojekten aller Art, auch solche mit fragwürdigem und zerstörerischem Charakter, engagieren, also in die entgegengesetzte Richtung dessen wirken, was als Kommissions-Zielsetzung genannt wird. 

Um diese Wertung zu belegen und seinerseits zur Transparenz bei dieser „Reformkommission“ beizutragen, wird die Kommissionsmehrheit von mir im folgenden unterteilt in die vier Gruppen: „brave Befehlsempfänger“, „Lobbyisten und Firmenvertreter“, „Pro-Stuttgart21- Lobbyisten (Proler)[4] und unnachgiebige Exekutoren anderer zerstörerischer Großprojekte“ und sieben „Herren mit Geschmäckle“.

Zur erstgenannten Gruppe zählen die fünf Kommissionsmitglieder Detlev Aster als Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd, einer „Bundesmittelbehörde“, die über die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung dem Bundesverkehrsministerium unterstellt ist, Prof. Torsten R. Böger als Geschäftsführer der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft (hier ist der Bund vertreten durch BMVBS der Alleingesellschafter), Dirk Brandenburger als Geschäftsführer der DEGES – der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und bau GmbH (bei der erneut der Bund der wesentliche Gesellschafter ist), Bernward Kulle, Vorstand der Beratungsagentur Öffentlich-Private Partnerschaft – ÖPP Deutschland (bei der ebenfalls der Bund maßgeblicher Gesellschafter ist) und schließlich Rüdiger Grube, der Mann an der Spitze der bundeseigenen Deutschen Bahn AG.

Von den Top-Managern dieser bundeseigenen oder vom Bund maßgeblich bestimmten Verbände und Institutionen kann nicht erwartet werden, dass sie die Interessen einer kritischen Öffentlichkeit fördern und damit der Politik des Bundes gegebenenfalls widersprechen. Sie sind vielmehr im wesentlichen qua Amt Exekutoren der Bundespolitik. Bundesverkehrsminister Ramsauer betreibt hier Unzucht mit Abhängigen, wenn er vorgibt, mit diesen Kommissionsmitgliedern das „Vertrauen der Menschen in die öffentliche Hand als Bauherr“ – so eine Formulierung im Kommissionsgründungs-Dokument – stärken zu wollen.

 

Knallharte Lobbyisten der Privatwirtschaft

Die größte Gruppe in der Kommission – mehr als die Hälfte der Kommissionsmitglieder  – bilden die Lobbyisten aus der Privatwirtschaft. Es handelt sich dabei einerseits um Verbandsvertreter – und als solche werden sie seitens des BMVBS auf der offiziellen Liste der Kommissionsmitglieder vorgestellt. In ihrer Mehrheit sind diese Verbandsvertreter dann in Personalunion Vertreter privatwirtschaftlicher Bauunternehmen oder Repräsentanten von großen privaten Planungsbüros und Projektgesellschaften.

Mit ihren Top-Leuten vertreten sind in der Kommission ausweislich der offiziellen Mitglieder-Liste die folgenden Verbände: der Bundesverband der Deutschen Industrie (mit ihrem Präsidenten Ulrich Grillo), der Hauptverband der Bauindustrie (mit Präsident Prof. Thomas Bauer), der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (mit seinem Präsidenten Dr. Ing. Hans-Hartwig Loewenstein), der Bundesverband der mittelständischen Bauunternehmer (mit Präsident Thorsten Bode), der Deutsche Asphaltverband (mit seinem Präsidenten Bernd Lange), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (mit der Geschäftsführerin Ingeborg Esser), der Zentrale Immobilienausschuss (mit dem Präsidenten Dr. Andreas Mattner), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (mit seinem Präsidenten Walter Rasch), das Deutsche Verkehrsforum  (mit dessen Vorsitzendem Klaus-Peter Müller). Zu dieser Gruppe sind auch privatwirtschaftliche Verbände zur Planung und Projektentwicklung zu zählen wie der Bundesverband Beratender Ingenieure (Dr. Heinrich Best), die HPP Hentrich-Petschnigg & Partner GmbH + Co. KG (Joachim H. Faust)[5], die Obermeyer Planen + Beraten GmbH (Maximilian Grauvogl),  der Deutsche Verband der Projektmanager und der Bau- und Immobilienwirtschaft e.V. (Dr. Ing. Rainer Schofer).

Lüpft man den Deckmantel „Verbändevertreter“, so  kommt beispielsweise zu Tage, dass Thomas Bauer Chef des Baukonzerns Bauer AG in Schrobenhausen (und im übrigen zugleich Landesschatzmeister der CSU) ist. Bei Thorsten Bode sollte hinzugefügt werden, dass dieser Geschäftsführer der Wiebe GmbH ist, einem Gleisbauunternehmen von dem es heißt, dass ohne dieses „nationale und internationale Neubaustrecken kaum denkbar“ sind.[6] Bei Bernd Lange ist die Information nicht uninteressant, dass dieser Mitglied der Geschäftsführung der Eurovia GmbH ist, die wiederum eine Tochter des größten europäischen Baukonzerns, der VINCI S.A. (Aktiengesellschaft), ist.[7] Hans-Hartwig Loewenstein wiederum ist im Hauptberuf für das Bauunternehmen Jean Bratengeier (JB) aktiv, das seinen Umsatz fast ausschließlich über öffentliche Aufträge im Straßenbau generiert. Wenn ein Klaus-Peter Müller auf der Liste der Kommissionsmitglieder in seiner Funktion beim Deutschen Verkehrsforum vorgestellt wird, dann sollte ergänzt werden, dass es sich hier um den leibhaftigen Chef der Commerzbank handelt, die wiederum an der Finanzierung vieler Großprojekte beteiligt ist. Das Verkehrsforum selbst wiederum ist eine Lobbyorganisation, die von Großkonzernen wie Siemens, Daimler, Dürr, Lufthansa, Fraport und Kühne & Nagel maßgeblich bestimmt wird, und in deren Leitungsgremium andere Auto- und Luftfahrt-Lobbyorganisationen wie der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) und der ADAC vertreten sind.[8]

Schließlich wäre dem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer zu empfehlen, bei der Personalie Mattner im Sinne von Transparenz die Information hinzuzufügen, dass dieser Mitglied der Geschäftsführung des Immobilienunternehmens ECE Projektmanagement in Hamburg ist – worauf im Zusammenhang mit S21 noch zurückzukommen sein wird. Mattner weiß im übrigen, dass „leider Partizipation auch aus rein egoistischen Gründen (entsteht).“ Wodurch sich „ der „altbekannte ´St. Florian´ zum neuen ´Wutbürger´“ gewandelt habe.[9]

Die Grundhaltung, die mit dieser Aussage Mattners zum Ausdruck gebracht wird, erscheint zugleich als die Grundhaltung, die die „Reformkommission Bau von Großprojekten“ bestimmt.

 

Kommissionsmitglieder mit S21-Engagement

Da die Gründungsdokumente der Kommission Fehlentwicklungen beim Großprojekt Stuttgart 21 andeuteten, sollte sich dies in der Zusammensetzung der Kommission niederschlagen. Das ist durchaus der Fall – wenn auch auf höchst verquere Weise. Sieben  Mitglieder der Kommission zählen selbst zu den Betreibern von S21.

Das trifft zu auf Hans-Georg Balthaus, der als Vorsitzender von Hochtief Consult in der „Reformkommission“ sitzt. Mit Hochtief ist – nach Eurovia/VINCI -  ein zweiter Baukonzern aus der Führungsgruppe der europäischen Bauriesen in der Ramsauer-Kommission direkt vertreten.  Hochtief  erhielt von der Deutschen Bahn AG im März 2012 den Zuschlag zum Bau der „Zuführung Bad Cannstatt zur unterirdischen Durchgangsstation“.  Für Balthaus scheint die gewinnbringende unternehmerische Tätigkeit im Untergrund eine Art Lebensphilosophie zu sein. Seine Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der TU Berlin trug den Titel „Durch Tunnelblick zu erweiterter Perspektive“.[10]

Johann Bögl ist ein weiteres Kommissionsmitglied. Es handelt sich um den Seniorchef der bayerischen Firmengruppe Max Bögl. Dieser Baukonzern mit immerhin 1,2 Milliarden Euro Umsatz und 5.900 Beschäftigten erhielt im August 2013 den S21-Großauftrag zur Lieferung von 53.620 Betonfertigteilen, die den Hauptteil der beiden Röhren des 9468 Meter langen Fildertunnels bilden. Die Fertigbauteile sollen im Bögl-Werk in Sengenthal in der bayerischen Oberpfalz gefertigt und dann aufwendig über 240 Kilometer hinweg nach Stuttgart transportiert werden – natürlich höchst ökologisch: mit der Bahn. Bögl war in Stuttgart bereits am Messe- und Bibliotheksbau beteiligt. Der neue 80-Millionen-Euro-Auftrag erweist sich allerdings bislang als Bögls Haupttreffer im S21-Business.

Das Kommissionsmitglied Professor Dr. Werner Rothengatter gehört zum Kernbestandteil der Stuttgart21-Befürworter. Er war 1994/95 bereits an der S21-Machbarkeitsstudie beteiligt und behauptete noch in jüngerer Zeit, das Projekt werde „die Wirtschaft im Lande beflügeln“. Rothengatter behauptet entgegen der wissenschaftlich belegten Erkenntnis, dass Stuttgart 21 mit einem Kapazitätsabbau und damit mit einer Schädigung des Schienenverkehrs verbunden ist, standhaft das Gegenteil  und hat damit seinen Ruf als Wissenschaftler gründlich ruiniert.[11]

Bereits genannt wurde das Kommissionsmitglied Andreas Mattner, der mit dem Projektentwickler und Projektbetreiber ECE, hinter dem wiederum die Gruppe des Milliardärs Otto steht, ein Großunternehmen mit vitalen S21-Interessen vertritt (Bau des Mega- Einkaufszentrums Milaneo auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahhofs).

Der ebenfalls bereits erwähnte Commerzbank-Chef Müller und das von ihm repräsentierte Deutsche Verkehrsforum (DVF) sind auf vielfältige Weise mit Stuttgart 21 verbandelt.  So sitzen im Präsidium des DVF mit Matthias Wissmann und Heinz Dürr zwei Männer der ersten Stuttgart21-Stunde: Sie hatten im April 1994 zusammen mit Stuttgarts OB Rommel und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel erstmals das Projekt Stuttgart 21 vorgestellt.

Und schließlich muss in dieser Gruppe nochmals Rüdiger Grube als Bahnchef und – wie die Vorgänger-Bahnchefs Heinz Dürr und Hartmut Mehdorn – Aktivist aus dem Daimler-Kader genannt werden. Grube hat seit seinem Amtsantritt Anfang 2009 das Projekt Stuttgart 21 vorangetrieben und wider besseres Wissen immer wieder auf´s Neue behauptet, mit Stuttgart 21 würde „ein Nadelöhr auf einer der wichtigsten Ost-West-Achsen Europas“  beseitigt werden: „der Kopfbahnhof (Stuttgart)“.[12]

 

Andere zerstörerische Großprojekte

In der Großprojekte-Kommission sitzen eine Reihe Personen, die eng mit anderen zerstörerischen Großprojekten verbunden sind, die hier als Teil der genannten Gruppe III aufgeführt werden. Es handelt sich dabei meist um Kommissionsmitglieder, die bereits einer der bislang aufgeführten zwei Gruppen oder den S21-Betreibern in der Reformkommission zugeordnet wurden. So sind alle fünf Kommissionsmitglieder aus der Gruppe I (=  Personen, die staatliche und halbstaatliche Unternehmen oder Strukturen vertreten) bei so gut wie allen zerstörerischen Großprojekten engagiert. Detlef Alster beispielsweise tritt aktuell massiv für einen unverantwortlichen weiteren Ausbau der Donau ein. Er engagierte sich vor einem Jahrzehnt in seiner damaligen Position als Vertreter der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost auch für den zerstörerischen Ausbau der Saale. Ein anderes Beispiel ist Herr Loewenstein. Das von Loewenstein vertretene Bauunternehmen Jean Bratengeier (JB), veröffentlicht auf seiner Homepage eine Referenzliste mit JB-Bauprojekten, auf der allein  im Zeitraum 2007 bis 2011 neun Infrastrukturprojekte mit dem Auftraggeber Fraport AG bzw. Deutsche Flugsicherung verzeichnet sind. Das heißt, das Unternehmen ist in erheblichem Maß am Ausbau des Rhein-Main-Flughafens beteiligt, ein Großprojekt, das im Wortsinne vielen Zehntausend Menschen schlaflose Nächte bereitet.

Der bereits erwähnte Bauunternehmer Max Bögl rühmt sich, im Schienenbereich die „feste Fahrbahn Bögl (Gleistragplatte)“ entwickelt zu haben. Die „Feste Fahrbahn“ – in Beton gegossene und aneinandergefügte  Gleisabschnitte, die das klassische Schotterbett ersetzen –  wird seit rund 15 Jahren bei einigen Hochgeschwindigkeitsstrecken der Deutschen Bahn eingesetzt. Bereits Mitte der 1990er Jahre warnte der Bundesrechnungshof vor dem Einsatz dieser Technik – unter anderem mit dem Hinweis,  dass bei der Festen Fahrbahn-Bauweise bei Ausbesserungen von Gleisbettschäden die gesamte Strecke für längere Zeit gesperrt werden müsste, wohingegen ein Schotterbett „nachgestopft“ und die entsprechenden Arbeiten meist während des laufenden Betriebs, beispielsweise mit Nacht-Schicht-Arbeit, realisiert werden können. Mit den Hochwasserschäden vom Sommer 2013 ist just dies eingetreten: Die Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover – Stendal – Berlin, die Mitte der 1990er Jahre als Feste Fahrbahn  gebaut wurde, ist inzwischen bereits seit knapp einem Vierteljahr komplett gesperrt – und sie dürfte noch viele Monate nicht befahren werden können. Vieles spricht dafür, dass bei einer Ausführung als Schotterbett die entsprechenden Hochwasserschäden längst beseitigt wären.

Schließlich sei hier das Kommissionsmitglied Maximilian Grauvogl hervorgehoben. Die von diesem mit vertretene Obermeyer Planen + Bauen GmbH nennt auf ihrer Projekteliste gleich ein halbes Dutzend zerstörerischer Großprojekte, an denen diese Planungsgesellschaft beteiligt war und an denen sie verdiente. Beispielsweise an der Hochgeschwindigkeitsstrecke Ebensfeld – Erfurt, an Vorarbeiten zum Brennerbasis-Tunnel, an den Planungen für die Fehmarnbeltquerung in Dänemark, an der Machbarkeitsstudie für einen „Tunnel Englischer Garten München“, an dem Autobahnprojekt Moskau – St. Petersburg, an den Prüfgelände-Planungen für VW Schanghai und Skoda Automobilova, an mehreren umstrittenen Autobahnprojekten in Deutschland und ebenfalls am Ausbau des Frankfurter Flughafens.

 

Ein strenger Geruch

Bei der letzten aufzuführenden Mitglieder-Gruppe der „Reformkommission Großprojekte“ handelt es sich um ein halbes Dutzend Personen,  die ein herbes „Geschmäckle“ in Sachen Vetternwirtschaft verströmen oder sogar direkt mit Korruption in Verbindung gebracht werden.

Anrüchig ist die Person Andreas Mattner. Der von ihm mit repräsentierte Immobilien-Konzern ECE leistet sich eine hoch dotierte und in Deutschland flächendeckend aktive Stiftung mit Namen „Lebendige Stadt“. Diese wird über den Milliardär Alexander Otto als Vorsitzendem des Kuratoriums kontrolliert. Stellvertreter im Kuratorium ist Wolfgang Tiefensee. Dieser hatte in seiner Zeit als Bundesverkehrsminister die Bahnprivatisierung und das Projekt Stuttgart 21 vorangetrieben – beides zum Nutzen und Frommen des Konzerns ECE Projektmanagement, der in Bahnhöfen, auf ehemaligem Bahngelände und insbesondere in Stuttgart auf dem ehemaligen Gelände des Güterbahnhofs im Bereich Immobilien-Entwicklung investiert. Mehrere S21-Projekt-Betreiber hatten führende Positionen in der Stiftung eingenommen, teilweise sind sie dort weiter präsent.[13] Immer wieder kommt es zu der interessanten Konstelltion, dass der ECE-Konzern in einzelnen großen Städten investiert, und zeitgleich oder später die Bürgermeister der entsprechenden Städte im Stiftungsrat von „Lebendige Stadt“ auftauchen.[14] Lobbycontrol schreibt dazu: „Die hohe Zahl in der Stiftung engagierter Bürgermeister, die über mögliche (ECE-) Projekte mitentscheiden, ist bemerkenswert.“[15]

Eine ebenfalls „nur anrüchige“ Angelegenheit ist die Mitgliedschaft von Klaus Wiesehügel in der Kommission. Das Bundesverkehrsministerium weist diesen als „Bundesvorsitzenden der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt“ aus. Tatsächlich wurde Wiesehügel Anfang Mai in das „Kompetenzteam“ des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück berufen; die erste Mitgliederliste der „Reformkommission Großprojekte“ datiert mit dem 13. Mai 2013 auf einen Zeitpunkt, der nach dieser Entscheidung lag. Wiesehügel gab damals bereits bekannt, seine Funktion in der IG BAU aufgeben zu wollen; entsprechend trat er Mitte September nicht mehr zu einer Wiederwahl an. Was ist dann seine Funktion in  der  Kommission? Sitzt wer dort als gelernter Betonbauer? Oder vielleicht doch in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied bei Hochtief – als jemand, der offensichtlich einen guten Draht zu den Eignern von Hochtief in Madrid hat? Als jemand, der bei der Übernahme von Hochtief durch den spanischen Bauriesen ACS Ende 2010 eine äußerst problematische Rolle spielte? In den Worten der  Internetplattform „Der Westen“: „Als sich Management und Betriebsrat (von Hochtief; W.W.) im Winter 2010 noch gegen eine Übernahme (durch ACS; W.W.) wehrten, sah der Gewerkschaftschef bereits ´die Würfel gefallen´ – zugunsten von ACS. Die IG BAU unterzeichnete mit ACS eine Vereinbarung (Laufzeit bis Ende 2013), die unter anderem eine Zerschlagung von Hochtief verhindern soll. Der Betriebsrat fühlte sich überrumpelt. Es kam zu einem heftigen Konflikt in der Gewerkschaft.  Auch Rücktrittsforderungen an die Adresse von Wiesehügel wurden aus den Reihen des Betriebsrats laut.“[16] Im Klartext: Wiesehügel flog zu ACS nach Madrid und unterschrieb dort eine eher vage Vereinbarung – bevor ACS Hochtief kontrollierte, er tat dies entgegen dem Willen der Mehrheit des Hochtief-Betriebsrats und er agierte pro ACS zu einem Zeitpunkt, als das Hochtief-Management sich noch mit der Belegschaft und deren Betriebsrat gegen die Übernahme wehrte.

Im übrigen ließ Wiesehügel nach seiner Ernennung als Schatten-Sozialminister mitteilen, er werde sein Aufsichtsrat-Mandat bei Hochtief beibehalten. Hochtief tat kund, Wiesehügel sei in dieser Funktion „bis zum Jahr 2016 gewählt“.

Interessant mit Blick auf das Transparenz-Gebot, das das BMVBS für die Großprojekte-Kommission reklamiert, ist des weiteren die Personalie Dieter Posch. Für dieses Kommissionsmitglied nennt das Bundesverkehrsministerium schlicht die Bezeichnung „Staatsminister a.D.“ In Wirklichkeit ist Posch seit Mai 2012 Lobbyist für die Luftfahrtbranche. Der FDP-Berufspolitiker agierte als hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung in den Jahren 1999 bis 2003 und 2009 bis 2012 unverkennbar im Interesse der Luftfahrtbranche im allgemeinen und der Flughafen-Betreibergesellschaft  Fraport im besonderen – unter anderem indem er den Ausbau des Frankfurter Flughafens vehement vorantrieb. Dafür wurde er nach seinem Ausscheiden als Minister mit einem gut dotierten Job beim Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) belohnt.[17] Originell ist auch, dass Posch Vorsitzender einer Expertenkommission zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren war. Und dass laut Wikipedia „etliche Vorschläge der Kommission in das Planbeschleunigungsgesetz des Bundes einflossen.“[18] Man sollte meinen, dass eine Beschleunigung von Großprojekten der Forderung nach „mehr Transparenz“ widerspricht.

Wenn als Kommissionsmitglied ein Prof. Wolfgang Heiermann als Vertreter einer großen Anwaltskanzlei, der AVOCADO Rechtsanwälte,  vorgestellt wird, dann denkt kaum jemand an den größten Bauskandal, den es in Deutschland bislang gab. Anfang der 1990er Jahre narrte ein gewisser Dr. Jürgen Schneider die Top-Bank des Landes, die Deutsche Bank, und zog ein imposantes Bau-Imperium hoch – fast ausschließlich auf Basis von Krediten, deren Sicherheiten in grandios zu hoch bewerteten Immobilien bestand. Im ersten Halbjahr 1994 kollabierte das Schneider-Imperium; 5,4 Milliarden DM Schulden konnten nicht bedient werden. Der damalige Geschäftspartner von Schreiber war ein gewisser Honorarprofessor Wolfgang Heiermann. Er wirkte im Aufsichtsrat  der CIP Center AG, die für die Vermietung der Schreiber-Immobilien zuständig war.[19]

 Fast zeitgleich war Heiermann in juristische Auseinandersetzungen im Fall der 1994 in Konkurs gegangenen Ersten Baugesellschaft Leipzig (EBL) verwickelt.  Heiermann  wurde laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, sich in seiner Eigenschaft als EBL-Aufsichtsratsmitglied zusammen mit dem EBL-Manager Bellmann „Millionenbeträge in die eigenen Taschen gewirtschaftet“ zu haben. Dazu das Blatt: „Nicht mangels Beweisen, sondern wegen überlanger Verfahrensdauer“ sei das Verfahren schließlich eingestellt worden. „Beide (Bellmann und Heiermann; W.W.) kommen mit einer Zahlung von je 90.000 DM an die Staatskasse davon.“[20]

Mitglied der Großprojekte-Kommission ist auch Walter Rasch. Er wird offiziell ausgewiesen als Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e. V. (BFW). Unter anderem mit Blick auf „Transparenz“ sollte erwähnt werden, dass Walter Rasch Geschäftsführer der MFS Master Star Fund Deutsche Vermögensfonds I war. Kurz nach  Auflage des Fonds, im Jahr 2005, untersagte die Finanzaufsicht BaFin  den Vertrieb wegen „unerlaubter Bankgeschäfte“; die Zeitschrift „Finanztest“ warnte unter Verweis auf den Fonds vor einem „Zockerangebot“. MFS Master Star Fonds ging 2005 in die Insolvenz; der größte Teil der Einlagen konnte nicht mehr aufgefunden werden.  Im Sommer 2006 verurteilte das Potsdamer Landgericht Rasch zu Schadenersatzzahlungen an 13 Anleger.[21]

Paul Bauwens-Adenauer wird auf der Großprojekte-Kommissionsliste als „Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHK)“ ausgewiesen. Tatsächlich ist Herr Bauwens-Adenauer im Hauptberuf zusammen mit Patrick Adenauer geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Bauwens, einem gewichtigen Kölner Bauunternehmen. Er ist auch Vorsitzender des Wirtschaftsrates der CDU in NRW. Bauwens-Adenauer sollte 2010/2011 für die Kölner OB-Wahl als CDU-Kandidat ins Rennen geschickt werden – doch dann  bekam seine Karriere einen herben Knick. Anfang 2011 gab es in NRW eine Großrazzia in Düsseldorf, Wuppertal und Köln wegen eines Bauskandals. Durchsucht wurden die Räume des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) und diejenigen des Bauunternehmens Bauwens. Die Unternehmensgruppe Bauwens hatte 2009 Flächen in Köln-Bayenthal  relativ günstig aufgekauft und diese dann an die BLB weiterverkauft – mit satten Gewinnen. Dabei drängte sich der Verdacht von Insiderhandel und Korruption auf. Einen Beweis dafür gibt es nicht. Das Kölner Boulevard-Blatt „Express“überschrieb den entsprechenden Bericht mit „Korruptionsvorwürfe gegen Paul Bauwens-Adenauer“; die süffisanten Schlussätze des Artikel lauten: „Auf die Frage, ob das IHK-Engagement nicht zulasten des Jobs geht, meint Bauwens-Adenauer vielsagend: ´Es kommt ja auch etwas zurück, was für das Geschäft von Vorteil ist.´“.[22]

Eine Art krönenden Abschluss bei der Analyse der Zusammensetzung der Ramsauer-Großprojekte-Kommission bildet die Personalie Johann Bögl. Johann Bögl ist Seniorchef der Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG mit Firmensitz in Sengenthal bei Neumarkt in der Oberpfalz. Wie bereits erwähnt steht Bögl für Schienengroßprojekte mit der „festen Fahrbahn“. Das Unternehmen war am Bau der Cargolifter-Halle in Brandt bei Berlin beteiligt (Pleite 2002). Es war maßgeblich am Bau des Berliner Hauptbahnhofs beteiligt, bei dem es zu einer Verdreifachung der Kosten kam. Bögl war maßgeblicher Player im Transrapid-Geschäft. Und während in der Öffentlichkeit so getan wird, als sei dieses absurde Großprojekt spätestens seit dem schwerwiegenden Unfall auf der Transrapid-Erprobungsstrecke vom 22. September 2006 mit 23 Toten definitiv ad acta gelegt, stattete der damals noch neu im Amt agierende Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer im April 2010 der Transrapid-Teststrecke im Emsland einen Besuch ab und erklärte, das „Bundesverkehrsministerium werde sich dafür einsetzen, dass in Lathen der Betrieb (…) weitergeht“. Zum gleichen Zeitpunkt ließ das Bauunternehmen Bögl mitteilen, man werde an der Transrapid-Technologie festhalten und sich in Lathen direkt engagieren.  Im Juli 2013 ließ Staatssekretär Rainer Bomba, eine Art rechte Hand des Bundesverkehrsministers, mitteilen: „Der Transrapid ist nicht tot; die Technik wird sich durchsetzen.“ Aktuell werde eine 120 Kilometer lange Transrapidstrecke auf der Insel Teneriffa geprüft; eine Aufnahme des Projekts in die „Richtlinien für transeuropäische Netze – TEN“ soll noch im „Sommer 2013“ erfolgen, sodass „50 Prozent der Baukosten“ durch die EU getragen würden.[23] Hier wird ganz offenkundig in den Tagen vor der Bundestagswahl ein neues großes Rad in einem altbekannten Transrapid-Tollhaus gedreht.

Johann Bögl steht demnach als Mitglied in der „Reformkommission Großprojekte“ für direkte Bauinteressen, für Engagements bei mehreren zerstörerischen Großprojekten und für  massive Interessen beim Großprojekt Stuttgart 21. Was fehlt, um all das „rund“ zu machen? Richtig! Der Mann müsste auch noch korrupt sein.

Ist er auch.  Das Bauunternehmen Bögl hatte zwischen 2002 und 2005 systematisch Manager des Möbelunternehmens Ikea bestochen und als Gegenleistung lukrative Bauaufträge des Ikea-Konzerns erhalten. Eine Bilanz aus dem Blatt „Wirtschaftswoche“: „Der damalige Geschäftsführer des Bögl-Bereichs Hochbau akzeptierte dafür 2007 einen Strafbefehl über 335.000 Euro und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Seniorchef Johann Bögl zahlte 243.000 Euro. Laut Strafbefehl hatte er zwei Mal sechsstellige Beträge in bar herausgegeben, mit denen sein Hochbau-Chef Ikea-Leute bestach. (…) Die Staatsanwaltschaft erließ einen sogenannten Verfallsbescheid und schöpfte damit Gewinne aus den illegal gewonnenen Aufträgen ab. Bögl überwies die genannte Summe und entging so einem Eintrag  ins Gewerbezentralregister, der das Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen hätte. (…) Als diese Schmierheldgeschäfte aufflogen, bauten die Oberpfälzer gerade auf vier Ikea-Baustellen.“[24]

Übrigens: die Hoffnung, eine Ramsauer-Großprojekte-Kommission könnte sich am 22. September ab 18 Uhr 05 erledigt haben, könnte trügen. Gleich wer nach der Bundestagswahl in Berlin regiert – die „Reformkommission Großprojekte“ soll laut Gründungstexten und laut Mitteilung des Bundesverkehrsministeriums ihre Arbeit in eben dieser Zusammensetzung fortsetzen und bis Ende 2014 einen Schlussbericht und ein „Handbuch Großprojekte“ veröffentlichen.



Tabelle: Die Mitglieder der "Reformkommission Bau von Großprojekten"
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Fußnoten

[1] Beschreibung auf der Website des Bundesverkehrsministeriums, abgerufen 15. September 2013. (zurück zum Text)

[2] Als Gründungsmitglied der Kommission wurde im Mai 2013 Konrad Weckerle  aufgeführt und seitens des BMVBS bis Juli als zur Kommission gehörend gelistet. Weckerle war viele Jahre lang Vorstandsvorsitzender der Rhein-Main-Donau AG. Er wird jedoch seit Juli 2013 nicht mehr als Kommissionsmitglied aufgeführt, möglicherweise, weil die Eigenschaft Ex-Top-Mann eines enorm zerstörerischen Großprojekts gewesen zu sein, besonders grotesk als Kriterium für eine Mitgliedschaft in dieser Kommission erschien. (zurück zum Text)

[3] Europas größter Baukonzern, ACS, übernahm Hochtief 2010. ACS befindet sich selbst im Strudel der spanischen Immobilienkrise. Aktuell droht eine Zerschlagung und Filettierung von Hochtief. (zurück zum Text)

[4] In Stuttgart werden die Lobbyisten und Aktivisten pro S21 als „Proler“ bezeichnet. (zurück zum Text)

[5]Zur HPP  Hentrich-Petschnigg GmbH heißt es bei Wikipedia, dass der Namensgeber und Architekt Helmut Hentrich „dem Arbeitsstab des zum Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin ernannten Albert Speer“ angehörte. Das Internet-Lexikon zitiert den Vorwurf,  dass nach dem Zweiten Weltkrieg „Düsseldorf zu einem Zentrum der ehemaligen Nazi-Prominenz“ wurde und dort ehemals hochgestellte Freunde Albert Speers – darunter Hentrich – mit großen Aufträgen für öffentliche und andere Bauten bedacht wurden. Wikipedia  dokumentiert, wie das Architekturbüro sich  in den 1960er und 1970er Jahren im Apartheid-Staat Südafrika mit Bauten engagierte. Nun veröffentlichte das Architektur- und Planungsbüro am 13. Mai 2013 eine Pressemitteilung mit dem folgenden – ungekürzten – Wortlaut: „Heute vor 80 Jahren: HPP Architekten feiern Geburtstag. Helmut Hentrich gründete im Mai des Jahres 1933 sein Büro in der Düsseldorfer Straße in Düsseldorf Oberkassel. Zwei Jahre später entstand die Arbeitsgemeinschaft mit Hans Heuser, die ab 1953 mit Hubert Petschnigg weitergeführt wurde. Heute wird das Unternehmen in vierter Partnergeneration geführt, ca. 320 Mitarbeiter an elf Standorten führen das Werk von über 1000 weltweit realisierten Projekten fort.“ (zurück zum Text)

[6] Verdener Kreiszeitung vom 5. August 2011. (zurück zum Text)

[7] Im offiziellen Ranking, in dem der spanische Baukonzern ACS ohne seine neue Tochter Hochtief gelistet ist,  ist VINCI in Europa die Nummer 1. Werden Hochtief und ACS als Einheit gesehen – was meines Erachtens zutrifft – dann liegt ACS/Hochtief noch vor Vinci. (zurück zum Text)

[8] Die Deutsche Bahn AG ist im Präsidium des Deutschen Verkehrsforums gleich doppelt vertreten, durch Rüdiger Grube für die Holding und Ulrich Homburg für die DB ML. (zurück zum Text)

[9] Aus der Rede von Dr. Andreas Mattner mit dem Titel „Vom Wutbürger und den fünf Gewalten“, - ohne Datumsangabe, nach der Website der Stiftung „Lebendige Stadt“. (zurück zum Text)

[10] Antrittsvorlesung TU Berlin vom Dezember 2010; hier nach Website Hochtief Consult. (zurück zum Text)

[11] „Mit den übrigen Effekten (von Stuttgart 21; W.W.) – Verlagerung vom Pkw- zum umweltfreundlichen öffentlichen Verkehr (…) – lässt sich eine erhebliche Verbesserung im Umweltbereich erzielen (…) Wir rechnen mit rund 180.000 t CO2-Minderung jährlich. Die CO2-Bilanz wird verbessert durch Verkehrsverlagerungen von der Straße auf die Schiene.“ Rothengatter-Statement auf der Website von „Bahnprojekt-stuttgart-ulm.de (abgerufen am 5. September 2013; dort wird genannt: „Stand April 2009“). Am 20. und 21. September 2012 fand in Freiburg das 45. Freiburger Verkehrsseminar statt. Rothengatter hielt dort einen Vortrag, in dem im wesentlichen vergleichbare Aussagen zu S21 gemacht wurden (siehe Tagungsband Seite 34.). (zurück zum Text)

[12] Brief von Rüdiger Grube und Volker Kefer an alle Bahnbeschäftigten vom 10. Februar 2010. (zurück zum Text)

[13] Das trifft zu auf Friederike Beyer, die Lebensgefährtin des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und S21-Betreibers Günter Oettinger (Frau Beyer ist weiterhin im Vorstand der Stiftung). Im Stiftungsrat saßen zeitweilig auch der Stuttgarter OB Wolfgang Schuster und die baden-württembergische Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner. Christoph Ingenhoven, der Architekt des geplanten S21-Bahnhofs, ist seit langen und heute noch Mitglied im Stiftungsrat. (zurück zum Text)

[14] Matthias Platzek, Ex-OB von Potsdam und bis September 2013 Ministerpräsident von Brandenburg, ist Mitglied im Stiftungsrat. ECE betreibt mit dem „Stern-Center“ in Potsdam ein großes Einkaufszentrum. Burkhard Jung, Leipziger OB, ist Mitglied des Lebendige-Stadt-Stiftungsrat. ECE betriebt die „Promenaden Hauptbahnhof Leipzig“. Helma Orosz, die OB von Dresden, ist Mitglied im Stiftungsrat. ECE betreibt in Dresden die „Altmarkt-Galerie“ mit 44.000 Quadratmeter Verkaufsflächen. (zurück zum Text)

[15] Lobbycontrol, „Stiftung Lebendige Stadt“, abgerufen am 2. September 2013. (zurück zum Text)

[16] Nach "Der Westen" vom 22. Mai 2013. Im DeutschlandRadio wurde Wiesehügel kurz vor der definitiven Übernahme von Hochtief durch ACS in einem Interview gefragt: „Mit welchem Mandat haben Sie denn, mit welchem Mandat hat die IG Bau denn in Madrid mit ACS verhandelt?“ Antwort Wiesehügel: „Die Tarifparteien in Deutschland sind dazu aufgerufen… Das ist gar keine Vereinbarung, die üblicherweise ein Betriebsrat macht. Dafür sind die Gewerkschaften da. Und von daher haben wir dieses Mandat als Sozialpartner, als Tarifvertragspartei, gemacht.“ (zurück zum Text)

[17] „Die Luftverkehrswirtschaft zeigt sich mit einem neuen Posten bei Herrn Posch dafür erkenntlich, dass er den Ausbau des Frankfurter Flughafens durchgeboxt hat.“ So Frank Kaufmann, Bündnis 90/Die Grünen, in: die Welt vom 4. Dezember 2012. (zurück zum Text)

[18] Mitteilung von Wikipedia zu Dieter Posch“, aufgerufen am 1. September 2013. (zurück zum Text)

[19] Focus20/94. Dort heißt es auch: „In den 70er Jahren zählten deutsche Rüstungsunternehmen nd potentielle Waffenkäufer aus dem Nahen Osten zu Heiermanns Kundenstamm. Der rührige Rechtsvertreter hatte eine Vielzahl von Beraterverträgen. Er vertrat die Interessen des saudischen Prinzen Abdullah (Focus 1871994), kassierte dafür ein königliches Jahreshonorar von 120.000 Mark.“ (zurück zum Text)

[20] Die Welt vom 13. Januar 2001. (zurück zum Text)

[21] Angaben nach: Wikipedia, abgerufen am 3. September 2013; Henrik Mortsiefer, „Anleger des Promi-Fonds wehren sich“, in: Tagesspiegel vom 12. November 2005. (zurück zum Text)

[22] Express vom 18. März 2011. Zur Razzia nach: Kölner Stadt-Anzeiger vom 9. Februar 2011. (zurück zum Text)

[23] Jens Anker, „Der Transrapid soll auf der Ferieninsel Teneriffa fahren“, in: Berliner Morgenpost vom 20. Juli 2013. (zurück zum Text)

[24] Harald Schumacher, „Deutschland spektakulärste Bauskandale“, in: Die Wirtschaftswoche vom 17. Februar 2010. (zurück zum Text)




Auswertung der Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Heidrun Bluhm, Thomas Lutze und der Fraktion DIE LINKE „Reformkommission Bau von Großprojekten und die Interessen der Bauindustrie“ DS17/14750

8.Oktober 2012, von Winfried Wolf, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im MdB-Büro von Sabine Leidig


1.    Sinn und Zweck der Kommission

In der offiziellen Darstellung des BMVBS werden zwar als Zielsetzungen der „Reformkommission“ die „Begrenzung von Kostensteigerungen und von Terminüberschreitungen“ genannt.  Es werden aber ebenso die – naheliegenden – Ziele „mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit“  und „die Stärkung der Akzeptanz von Großprojekten in der Bevölkerung“ aufgeführt.
In ihrer Antwort lässt die Bundesregierung diese zwei letztgenannten Zielsetzungen, die mehr in den Bereich von Demokratie  und Bürgerbeteiligung fallen, schlicht weg.*
(* Das Ziel „Transparenz“ taucht nur einmal in der Antwort auf  Frage 6 auf, wo dies aber kaum Sinn macht. Hier wurde nach der Sinnhaftigkeit von fünf Kommissionsmitgliedern gefragt, die alle Institutionen angehören, die vom Bund ganz oder weitgehend abhängig sind. Warum ausgerechnet diese das Transparenz-Gebot transportieren sollten, ist nicht nachvollziehbar.)


2.    Bundesrechnungshof zieht Präsidenten aus Kommission zurück

Unsere Frage 3 zielte darauf, warum der Präsident des Bundesrechnungshofs in der Kommission war und seit August nicht mehr als Kommissionsmitglied aufgeführt wird.   Die Bundesregierung wendet in der Antwort zuerst den Taschenspielertrick an, diese Frage mit der folgenden Frage 4 zu verknüpfen, und dann mitzuteilen, es sei eine „interne Entscheidung“ in den angefragten Institutionen, „ob die Mitarbeit durch den Präsidenten oder einen Vizepräsidenten wahrgenommen“ würde. Für Frage 4 mag das eine ausreichende Antwort sein, bei Frage 3 ist es keine. Offensichtlich traf der BRH nach rund achtwöchiger Existenz der Reformkommission die Entscheidung, den Präsidenten aus der Kommission wieder abzuberufen oder zurückzuziehen (oder Prof. Dr. Engels hat individuell eine entsprechende Entscheidung getroffen).  Angesichts des Grundcharakters der Kommission, wie wir ihn dokumentieren, ist das eine durchaus interessante und relevante Entscheidung.


3.    Schutzschild „Verbändevertreter“

Bei einer großen Gruppe von Kommissionsmitgliedern – 15 an der Zahl – reklamierten wir, dass diese seitens des BMVBS nur als Verbändevertreter ausgewiesen worden seien, nicht aber ergänzend als Firmenvertreter oder Lobbyisten, die direkt an Großprojekten beteiligt sind und durch die Beteiligungen an Großprojekten verdienen. Die Bundesregierung  tut dies ab, indem sie darauf verweist, dass diese Personen eben „in ihrer Funktion als Vertreter von Verbänden“ berufen worden seien und dass „Verbandspräsidenten hauptberuflich aus der jeweiligen Branche kommen“, was „zur Gewährleistung der Fachkompetenz regelmäßig der Fall und der Öffentlichkeit bekannt“ sei.
Es geht hier aber um zwei andere Dinge. Erstens ist zwar der allgemeine Zusammenhang „Verbändevertreter = auch in der Privatwirtschaft in entsprechender Branche tätig“ bekannt. Dass diese Personen aber alle direkt  an den Großprojekten verdienen, dass sie dabei in der Regel an Steuergeld-finanzierten Projekten verdienen, und sie jetzt in einer Kommission des Steuergeld-Verwalters, der Bundesregierung sitzen, das ist besonders und pikant. Zweitens stellt sich die Frage, warum die Bundesregierung in einem solchen speziellen Fall diese Informationen nicht mitliefert – zumal dann, wenn sie als Kommissionsziel angab, es müsse bei den Großprojekten „mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit“ geben.
Ein besonderer Fall dabei ist das Kommissionsmitglied Peter Porsch. Hier ist es so, dass die Bundesregierung diesen offiziell ausweist als „Staatsminister a.D.“, dieser aber in Wirklichkeit für den Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) arbeitet. In diesem Fall wird der Interessensverband , der hiermit am Kommissionstisch sitzt, verschwiegen.


4.    „Vetternwirtschaft und Korruption“ = „Sachverstand“  und  „praktische Erfahrung“

Wir haben in den Fragen 10 und 11 und in den zugelieferten Informationen in der Vorbemerkung deutlich gemacht, dass mindestens die drei Kommissionsmitglieder Paul Bauwens-Adenauer, Prof. Wolfgang Heiermann und Walter Rasch „in der Öffentlichkeit in einen Zusammenhang mit Korruption in der Baubranche“ gebracht werden und dass darüber hinaus das Kommissionsmitglied Johann Bögl im Zeitraum 2002 bis 2005 „systematisch Manager des Möbelkonzerns Ikea  bestochen hatte und dafür verurteilt worden war.
Erneut greift die Bundesregierung in ihrer Antwort zu dem durchsichtigen Trick „die Fragen 8 bis 11 wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam zu beantworten“.  Das ist schlicht ungerechtfertigt, da es in Frage 8 spezifisch um „Stuttgart 21“ ging und in Frage 9 spezifisch um „andere Großprojekte“, während die Fragen 10 und 11 das Thema Vetternwirtschaft und Korruption behandeln.
Die Antwort ist dann besonders absurd, aber auch erhellend.
Die Bundesregierung stellt darin fest, dass es bei der Auswahl der Kommissionsmitglieder um „Sachverstand“ gegangen sei, dass man „bewusst auch Entscheidungsträger berufen“ habe, „die bereits praktische Erfahrungen mit Großprojekten gemacht“ hätten. Nur so könne „fundiert“ über diese Projekte „diskutiert werden.“
Das heißt im Rückgriff auf den tatsächlichen Inhalt der Fragen 10 und 11, dass zu den „praktischen Erfahrungen“ eben Korruption gehört, und dass man nur mit einer Kommission, in der Leute sitzen, die wegen Korruption bei Großprojekten verurteilt wurden, über solche Großprojekte „fundiert diskutieren“ könne.


5.    „Stuttgart 21“ bildet Hintergrund für Kommission, weswegen dann viele S21-Profiteure in derselben sitzen

Ganz offensichtlich war es der Widerstand gegen S21, der zur Bildung der Kommission in erheblichem Maß beitrug. Wir zeigten nun in unserer Frage 8 auf, dass fünf Mitglieder der Kommission direkt im S21-Geschäft stecken. Damit diskutieren die gleichen Top-Wirtschaftsleute, die für die mangelnde Akzeptanz von S21 in der Bevölkerung und für die fehlende Transparenz bei  S21 verantwortlich sind, darüber, wie „mehr Transparenz“  in der Öffentlichkeit und mehr Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht werden könnte.
Der Widerspruch ist offenkundig. doch die Bundesregierung antwortet darauf mit keinem Wort. Was auch eine Art Antwort sein mag.


6.    Transrapid weiter „zukunftsweisend“?

In der Antwort auf unsere Frage 12  zu einer Transrapid-Strecke auf Teneriffa (und den spezifischen Interessen, die das Kommissionsmitglied Johann Bögl dabei verfolge),  bekennt sich die Bundesregierung vollmundig zur „Magnetbahntechnik“ als einer „ausgereiften“ und „nach wie vor zukunftsweisenden“ Technologie.  Sie begründet das mit „dem großen Interesse, auf das der Transrapid im Ausland immer wieder stößt“.
Das ist eine hochgradig peinliche Feststellung, die nur mit Blindheit und Halsstarrigkeit zu erklären ist. Tatsachen sind, dass seit mehr als einem Vierteljahrhundert alle Pläne, den Transrapid im Inland auf einer Strecke  einzusetzen definitiv gescheitert sind, dass alle Anfragen aus dem Ausland bisher in allen Fällen mit einer Ausnahme am Ende negativ entschieden wurden und dass die einzige Transrapid-Strecke, die es weltweit gibt, diejenige in Schanghai, aus Sicht der chinesischen Partner unbefriedigend im Betrieb ist, sodass China sich dazu entschied, weder diese Strecke ins Zentrum von Schanghai zu verlängern  noch anderswo im Land eine weitere Transrapid-Strecke zu bauen.
Zur Transrapid-Strecke auf Teneriffa erklärt die Bundesregierung, es obliege „der spanischen Regierung hierfür die notwendigen Voraussetzungen“ zu schaffen, u.a. mit Blick auf eine mögliche Kofinanzierung durch die EU. Wir zitierten jedoch in unsere Frage den Staatssekretär Rainer Bomba und dessen Aussage – also eine der Bundesregierung zuzuordnende Aussage -, wonach noch „im Sommer 2013“ diese Transrapid-Strecke auf Teneriffa „in die Richtlinien für transeuropäische Netze“ aufgenommen werden würde. Danach hat sich offensichtlich die Bundesregierung in diesem Sinn in der EU eingesetzt.


7.    Umweltverbände  stören in Kommission

Bereits unsere  zweite Frage galt der Tatsache, dass es in der Kommission keine Vertreter von Umweltverbänden gibt. Die Bundesregierung bügelt diese Frage damit ab, es gehe in der Kommission nicht „um das Für und wider einzelner Großprojekte“. In diesem Sin haben wir jedoch nicht argumentiert. Es war die Bundesregierung bzw. das BMVBS, die als Ziel der Kommission u.a. „die Herstellung von mehr Transparenz in der Öffentlichkeit“ und die „Stärkung der Akzeptanz von Großprojekten in der Bevölkerung“ nannten.
Wenn bei einer Kommission zu Großprojekten mit diesen Zielen auf der einen Seite Umweltverbände ausgeschlossen werden, aber auf der anderen Seite Vertreter großer Baukonzerne, die der Korruption verdächtig sind bzw. die der Korruption bei Bauvorhaben überführt wurden, integriert werden, dann erhält die Kommission einen höchst spezifischen Charakter: den einer Böcke-zu-Gärtnern-Kommission, einer Kommission, in der sich die Profiteure von zerstörerischen Großprojekten die Hand geben, um neue Deals auf Kosten der Steuerzahler auszumauscheln.