Fragen zur Bundestagswahl: DIE LINKE antwortet dem Fahrgastverband PRO BAHN

WPS probahnDer Fahrgastverband PRO BAHN und die Monatszeitschrift DER NAHVERKEHR stellten den Parteien vor der Bundestagswahl Fragen zur Verkehrspolitik. Die Antworten der Partei DIE veröffentlichen wir hier.
Sehr viele dieser Wahlprüfsteine - sortierbar nach Fachgebieten - finden sich auf der Homepage der Partei DIE LINKE.

 

>> zum Wahlprüfstein der Zeitschrift DER NAHVERKEHR

 

Fahrgastverband PRO BAHN - Redaktion "der Fahrgast"

1) Bahnpolitik

Frage: Wie wichtig ist die Bahnpolitik für Ihre Partei?

Antwort: Die Bahnpolitik spielt bei uns eine ganz zentrale Rolle. Wir wollen gerechte Verkehrsverhältnisse schaffen unter dem Motto: Mobilität und Versorgung für alle – mit weniger Verkehr. Für unsere sozialökologische Verkehrswende ist die Bahn das Rückgrat. Dafür muss umverteilt werden. Wir wollen umweltschädliche Subventionen und Investitionen für den Straßen- und Luftverkehr einsparen – dafür Bahn, öffentlichen Nahverkehr, Fuß- und Fahrradwege ausbauen. Für beides haben wir mit zahlreichen Bundestags-Anträgen in den letzten Jahren viele konkrete Vorschläge gemacht.

2) bahnpolitische Akzente

Frage: Welche bahnpolitischen Akzente will Ihre Partei in der nächsten Legislaturperiode setzen?

Antwort: Das erste große Thema heißt. Umverteilung von der Straße auf die Schiene (Fördermittel, Investitionen und Apolitische Aufmerksamkeit). Das zweite Thema bleibt die Reform der Bahnreform von 1994. Die Grundstruktur insbesondere der DB AG hat sich nicht bewährt. Das größte „öffentliche“ Unternehmen Deutschlands muss am Allgemeinwohlzielen ausgerichtet werden und nicht am Bilanzgewinn, der nur für einen Börsengang im Zentrum steht. Die einzige Aufgabe muss der bestmögliche Eisenbahnverkehr sein – gerne in (internationaler) Kooperation mit anderen Bahnunternehmen. Wir brauchen keinen „global player“ DB-AG, der als Weltmarktkonkurrent in vielen Bereichen agiert und sogar kommunale ÖPNV-Unternehmen angreift.

3) Personenverkehr

Frage: Welche Vorstellungen hat Ihre Partei zum Personenverkehr auf der Schiene (Nah- und Fernverkehr)?

Antwort: Der Schienenpersonenverkehr muss für alle Menschen im Land zugänglich und attraktiv sein. Dazu gehören folgende Maßnahmen: Das Bahnnetz muss wieder dichter werden: alle Regionen sind zuverlässig mit Fern- und Nahverkehr auf der Schiene zu versorgen. Vor allem die früheren InterRegio-Verbindungen sollen wieder hergestellt werden. Innerhalb der nächsten 10 Jahre soll vollständige Barrierefreiheit hergestellt werden Das Preissystems muss grundlegend vereinfacht werden, mit Tarifen die für alle bezahlbar sind. An allen Bahnhöfen wollen wir Servicepersonal und Mindestkomfort (Warteraum, Toiletten). Und: Bahnhöfe sollen systematisch zu Mobilitäts- und Verteilzentralen weiter entwickelt werden – mit Fahrradservice, Car-Sharing und Hauptumschlagplatz für umweltverträglichen städtischen Lieferverkehr. Mit dem Deutschlandtakt soll auch Fern- und Nahverkehr besser vernetzt werden. Außerdem muss die Zuverlässigkeit verbessert werden (u.a. durch vorausschauende Instandhaltung und mehr Reservekapazitäten). Wir wollen das Nachtzugnetz wieder herstellen und ausweiten („Lunaliner“ in europaweiter Kooperation) - als sinnvolle Alternative zum Fliegen.

4) Lärmschutz entlang von Bahnstrecken

Frage: Wie soll mehr Lärmschutz entlang von Bahnstrecken erreicht werden?

Antwort: Der Lärmschutz an der Quelle soll generell oberste Priorität haben. Leise (Güter-)Züge sind möglich! Es muss wesentlich mehr in neue Güterwagen und Lokomotiven und in die Lärmsanierung älterer Fahrzeugen investiert werden. Darüber hinaus sollen auch innovative Lösungen wie Schienenstegdämpfer oder niedrige Lärmschutzwände nahe am Gleis gebaut werden. Wichtig ist, dass die Bestandsstrecken ebenso behandelt werden wie Neubaustrecken, denn es ist nicht nachvollziehbar, dass die Anwohnerinnen und Anwohner von Bahnstrecken nicht gleich gut vor Lärm geschützt werden. Das gesetzliche „aus“ (im Regelfahrplan), bzw. die drastische Geschwindigkeitsbegrenzung für laute Güterwagen ab 2020 halten wir für richtig und längst überfällig. Um beste Lösungen zu ermöglichen, soll der Bund Forschungs- und Fördermittel einsetzen. Während die Automobilindustrie in den vergangenen 10 Jahren über 13 Milliarden Euro erhielt, wurden die Schienenfahrzeughersteller mit 16,4 Millionen abgespeist. Dieses Missverhältnis muss umgekehrt werden.

5) Güterverkehr auf die Schiene

Frage: Wie soll mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden?

Antwort: Das wichtigste ist, dass der Lkw-Verkehr nicht weiterhin auf Kosten der Allgemeinheit subventioniert wird: - ein Ende des Dieselsteuerprivilegs (über 7 Milliarden Euro pro Jahr) - Erhöhung der Lkw-Maut unter Einbeziehung von externen Kosten (was EU-rechtlich möglich ist) und Ausweitung auf alle Straßen, - Zum Schutz der Wohnbevölkerung sollen Fahrbeschränkungen ausgeweitet werden. Der Schienengüterverkehr wiederum benötigt Unterstützung, um gegenüber dem Lkw-Verkehr wieder attraktiver werden zu können. Dazu gehören: - die (Wieder-)Herstellung von Gleisanschlüssen und Umladebahnhöfen, - der Netzausbau dort, wo schon jetzt Kapazitäten fehlen, - ein Forschungs- und Umsetzungsprogramm für die Digitalisierung, - Senkung der Trassenpreise (die für den Güterverkehr immerhin angekündigt ist).

6) Schieneninfrastruktur

Frage: Wie soll die Schieneninfrastruktur in Zuklumnft finanziert werdern?

Antwort: Die Infrastruktur ist und bleibt eine Aufgabe des Bundes. Und der muss dafür deutlich mehr Geld investieren, um den Schienenverkehr zu befördern. Dabei soll der Deutschlandtakt bei allen Neu- und Ausbaumaßnahmen im Mittelpunkt stehen. Für das teuerste Bahnprojekt Stuttgart21 schlagen wir den Umstieg auf eine oberirdische Alternative vor - was noch immer möglich ist (www.umstieg21.de). So könnten mehre Milliarden Euro gespart und an anderer Stelle sinnvoll eingesetzt werden.

7) bahnpolitische Ziele

Frage: Welche anderen bahnpolitischen Ziele hat ihre Partei noch?

Antwort: Wir wollen direkte demokratische Einflussnahme auf die Verkehrsverhältnisse verbessern. Dazu gehört wirkliche Bürgerbeteiligung bei Großprojekten. Aber auch Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Einfluss bei Maßnahmen, die im Ergebnis die (Bahn-)Nutzer*innen betreffen. Auch mehr Mitwirkung von Fahrgastverbänden ist nötig, reicht aber nicht aus. Um eine „Bahn für alle und alles“ zu entwickeln, müssen Erfahrung, Wissen und Wünsche von Beschäftigten und Bewohner*innen einbezogen werden.

 


Zeitschrift "Der Nahverkehr" Alba-Fachmedien ÖPNV

derNahverkehr2016 180Die Zeitschrift „Der Nahverkehr“ ist das führende Fachmagazin für den Personennahverkehr auf Schiene und Straße. Vor der Bundestagswahl möchten wir unseren Lesern einen Überblick über die verkehrspolitischen Vorstellungen der im Bundestag vertretenen bzw. mit Aussicht auf Erfolg kandidierenden Parteien verschaffen.

 

1) Frage: Wie sieht Ihre Partei die Rolle des Öffentlichen Personennahverkehrs mit Bus und Bahn bei der Lösung der Verkehrs- und Umweltprobleme?

Antwort: Bus und Bahn spielen eine zentrale Rolle bei der Verkehrswende, die für den Klimaschutz und lebenswerte Städte unverzichtbar ist. Die Umstellung auf Elektroautos allein reicht bei weitem nicht aus, da erneuerbare Energien ebenfalls nur begrenzt verfügbar sind. Wir setzen uns deswegen konsequent für einen bezahlbaren, barrierefreien und bedarfsgerechten ÖPNV als Rückgrat des Umweltverbundes ein. Die Nahverkehrsunternehmen sollten zudem Vorreiter werden, in dem sie neue Mobilitätsangebote, die durch die Digitalisierung und Automatisierung entstehen können, in ihre Angebote integrieren.

 

2) Frage: Die Reform des Personenbeförderungsgesetzes steht für die kommende Legislaturperiode an. Welche Position nimmt Ihre Partei hierzu ein?

Antwort: Wir wollen den Vorrang eigenwirtschaftlicher Betriebe abschaffen und hatten dies als einzige Fraktion bereits bei der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes beantragt. Zudem wollen wir neue Mobilitätsangebote ermöglichen, die den Nahverkehr ergänzen. Dabei wollen wir äußerst behutsam vorgehen, damit UBER & Co. nicht den Niedergang des öffentlichen Verkehrs und der Taxen herbeiführen. Neue Angebote dürfen nicht auf dem Unterlaufen von Standards basieren. Und die Entgeltgrenzen für die Mitnahme müssen streng begrenzt werden, damit Fahrten nicht nur für die Mitnahme stattfinden.

 

3) Frage: Wie soll es mit dem Bundes-GVFG weitergehen? Welche Finanzausstattung halten Sie für angemessen und sollen künftig auch Ersatzinvestitionen daraus finanziert werden können?

Antwort: Wir wollen das GVFG-Bundesprogramm bedarfsgerecht auf jährlich mindestens 500 Millionen Euro erhöhen und es auch für Ersatzinvestitionen öffnen. Zudem wollen wir nach Auslaufen des GVFG-Länderprogramms einen Fonds für kommunale Investitionen in den ÖPNV einrichten, damit die hohen Ersatzinvestitionsbedarfe in vielen Kommunen sowie der weitere Ausbau und die Verbesserung des ÖPNV gewährleistet ist.

 

4) Frage: Wie kann der Modal Split zugunsten des ÖPNV verändert werden? Strebt Ihre Partei dies an?

Antwort: Ja, wir wollen den Anteil des öffentlichen Verkehrs deutlich erhöhen. Zum einen muss dieser immer besser werden und neue Angebote integrieren – finanziell ausreichend unterstützt durch die öffentliche Hand. Für den ländlichen Raum wollen wir eine Mobilitätsgarantie, die eine Anbindung ans nächste Oberzentrum mindestens im Stundentakt vorsieht. Und wir streben den solidarisch finanzierten Nulltarif im ÖPNV an. Zum anderen wollen wir den Straßenraum zu Lasten des Autoverkehrs und zu Gunsten der Radfahrenden, der zu Fuß gehenden und des Nahverkehrs sukzessive umgestalten.

 

5) Frage: Welchen Einfluss wird die Digitalisierung auf den Nahverkehr haben? Werden „autonome“ Autos den klassischen Linienverkehr ergänzen oder ersetzen?

Antwort: Durch die Digitalisierung wird sich der Verkehr erheblich wandeln. Insbesondere durch Mitfahrapps werden sich öffentlicher und privater Verkehr verwischen. Bestehen autonom fahrende Fahrzeuge auch in den Städten den Praxistest, sind der Phantasie kaum noch Grenzen gesetzt. Wir wollen den Wandel so, dass er mehr Mobilität ermöglicht und die Umweltbelastungen des Verkehrs drastisch senkt: durch mehr öffentlichen Verkehr, ergänzt durch neue Angebote, durch mehr geteiltes Fahren. Die Autoindustrie wird aber alles daran setzen, dass die Menschen weiterhin ein eigenes Fahrzeug kaufen werden.

 

6) Frage: Ist Ihre Partei bereit, die Umstellung von Diesel- auf Elektrobusse finanziell zu unterstützen? Haben Sie bereits ein konkretes Förderprogramm?

Antwort: Ja. Die Kaufprämie für Elektro-Pkw haben wir abgelehnt, weil wir den Kauf von Pkw generell nicht unterstützen wollen und angesichts einer durchschnittlichen täglichen Fahrzeit von einer halben Stunde der über 40 Millionen Pkw praktisch keine Umweltentlastung erzielt wird. Deswegen wollen wir eine finanzielle Förderung für solche Fahrzeuggruppen wie Nahverkehrsbusse und Taxen, bei denen wegen der hohen täglichen Fahrleistung der Entlastungseffekt für die Umwelt am höchsten ist.