Kein Einlass für Bundestagsabgeordnete in CASTOR-Halle

Castor-Lager_Gorleben-VossWegen der erhöhten Strahlenwerte wollte ursprünglich der Umweltausschuss des Bundestages dem CASTOR-Lager in Gorleben einen Besuch abstatten. Die Koalitionsfraktionen lehnten aber eine "offizielle" Ausschussreise ab. Die Abgeordneten der Opposition, von SPD, LINKE und Grünen, wollten sich die Gelegenheit aber nicht nehmen lassen, sich selber ein Bild von den Verhältnissen vor Ort zu machen.

Die ebenfalls hinzu gebetenen Institutionen - Bundesumweltministerium (BMU), das niedersächsische Umweltministerium (NMU) und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sowie die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) als Betreiber, sagten bis auf BMU und GNS ab. Trotzdem ließen sich die Abgeordneten nicht von ihrem Plan abbringen. Allerdings ahnten sie nicht, dass der Hausherr der Brennelemente Lagergesellschaft (BLG; GNS-Tocherfirma), Herr Ölschläger, ihnen den Zutritt zur CASTOR-Halle verweigern würde. Weil die Abgeordneten nicht die Anmeldefrist von 14 Tagen eingehalten hätten, sei keine Sicherheitsüberprüfung möglich gewesen, so wie es für alle anderen Besuchergruppen auch vorgeschrieben sei.

Die Behandlung als normale Besuchergruppe, brachte alle Abgeordneten gleichermaßen auf die Palme. Mit von der Partie waren: Matthias Miersch (MdB) und Brigitte Somfleth (MdL) von der SPD, Johanna Voß (MdB) und Kurt Herzog (MdL) von DIE LINKE, sowie die MdB Sylvia Kotting-Uhl und Dorothea Steiner von B90/Grüne. Als Experten wollten Heinz Smital von Greenpeace und Wolfgang Kallen von der Fachgruppe Radioaktivität die Abgeordneten begleiten.

Nachdem die Gruppe das umstrittene, außerhalb des Strahlenschutzwalls liegende Messhäuschen 2, bei dem erstmals die bedenklich erhöhten Messwerte aufgefallen waren, besichtigt hatte, wurde noch eifrig mit dem niedersächsischen Umweltministerium und dem Bundesumweltministerium telefoniert, um doch noch Zugang zur CASTOR-Halle zu erlangen. Doch selbst die Bitte des anwesenden BMU-Vertreters konnte den Hausherren zu keinem Sinneswandel bringen.

Die Abgeordneten beschlossen hierauf, die Betreiber-Einladung zum Gespräch bei Kaffee und Kuchen nicht anzunehmen. Alle waren sich einig, dass hier offensichtlich Dinge verheimlicht oder vertuscht werden sollen. Die Abgeordneten wollen auf jeden Fall wieder kommen und bis dahin auch die Rechtmäßigkeit ihrer Aussperrung überprüfen.

Vor dem Tor des Zwischenlagers, das von Greenpeace schön dekoriert worden war, nutzte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg die gewonnene Zeit zu einem Einführungsrefferat in den CASTOR-Strahlenskandal. Wolfgang Kallen von der Fachgruppe Radioaktivität erläuterte mit Hilfe von Kurven und Schaubildern, wie sich die Radioaktivität rund um das Zwischenlager innerhalb der letzten 16 Jahre verändert hat. Erstaunlich für die Abgeordneten war dabei, dass er sich durchweg auf die Strahlungsmessungen von Betreibern und Aufsichtsbehörden berief. Und das ist auch das umso erschreckendere Fazit dieser Reise. Kallen betont, er halte die Messungen Großteils für korrekt und übereinstimmend, allerdings werde mit diesen Zahlen so lange hin und her gerechnet, bis es passt. Kallen konnte nachvollziehbar belegen, dass die zulässigen Strahlengrenzwerte für das Zwischenlager Gorleben schon seit 2003 überschritten wurden. Und eigentlich hätte jede ordentliche Aufsichtsbehörde die angewandten Rechentricks durchschauen müssen. Statt dessen wurden Schritt für Schritt andere Methoden angewandt, um den weiteren Betrieb dieser Atomanlage nicht zu gefährden. Die Abgeordneten beteuerten ihren Willen, in dieser Frage jetzt erst Recht nicht locker zu lassen, die Experten auch nach Berlin einzuladen und beim nächsten Besuch mit dem ganzen Umweltausschuss auch die CASTOR-Halle zu inspizieren. Keine Frage, dass sich für die Abgeordneten der Opposition ein CASTOR-Transport für dieses Jahr auf jeden Fall verbietet.

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Weitere Reaktionen der Abgeordneten zum verhinderten Einlass in die CASTOR-Halle:

Castor-Transporte sofort stoppen, Pressemitteilung von MdB Johanna Voß vom 21. Oktober 2011.

Bundes- und Landtagsabgeordnete müssen in Gorleben leider draußen bleiben, Pressemitteilung von MdL Kurt Herzog vom 21. Oktober 2011.