„Es geht nicht darum, den Ländern des globalen Südens mehr zu geben, sondern ihnen weniger wegzunehmen!“ (Jean Ziegler, Das Imperium der Schande)

© lutz stallknecht / PIXELIO www.pixelio.deHunger. Eine Milliarde Menschen leiden darunter. Mangel- und Fehlernährung gehören zu den größten Problemen der Menschheit. Hunger grenzt aus, zerstört Familien und kann tödlich sein.

Durchschnittlich werden weltweit 2.800 Kalorien pro Kopf und Tag produziert. Fair verteilt, würde das für mehr als die sieben Milliarden Menschen ausreichen. Aber Nahrungsmittel sind nicht fair verteilt. Während wir über gigantische Lebensmittelverschwendung reden, reicht die Agrarproduktion in vielen Ländern des globalen Südens nicht aus. Das hat viele Ursachen. Krieg und Flucht, fehlender Zugang zu Boden, Wasser oder Düngemittel. Tanks und Futtertröge der reichen Industrieländer konkurrieren mit dem Teller der Armen um die Ackerflächen. Spekulationen mit Agrarrohstoffen und Äckern verteuern Nahrung. Erntegut geht bei Lagerung, Verarbeitung oder Transport verloren oder wird durch Schädlinge bzw. Krankheiten ungenießbar. Sinkende Bodengüte, Wetterextreme und Klimawandel vergrößern das Hungerproblem.

Neben der dringend notwendigen Änderung neoliberaler Herrschaftsstrukturen muss auch die Forschung zur Lösung des Welthungerproblems beitragen. Dabei dürfen nicht die Ressourcen verbrauchenden Landwirtschaftsmodelle aus dem Norden den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in den Ländern des Südens übergestülpt werden. Gesucht sind lokal angepasste Lösungen. Der Hunger kann nur wirksam bekämpft werden, wenn Erträge nachhaltig und standortgerecht gesteigert werden. Hier muss Forschung ansetzen. Auch deutsche Agrarforschungsinstitute müssen einen Beitrag dazu leisten und dazu intensiv mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den betroffenen Ländern zusammenarbeiten. Neben der Verbesserung der Erträge muss der Zugang zu Boden, Wasser, Düngemitteln, Saatgut und verlustreduzierender Erntetechnik gesichert sowie die regionale Infrastruktur für Lagerung, Transport, Verarbeitung und Vermarktung entwickelt werden.

Es gibt also viel zu tun. Die Koalitionsfraktionen haben einen Antrag zum Thema „Forschung zur Sicherung der weltweiten Ernährung“ vorgelegt. Leider hält er nicht was er verspricht. Anstatt die globalen Herausforderungen engagiert anzupacken, bleibt die Koalition bei absurden Lösungsvorschlägen. Sie erzählt das uralte Märchen vom Kampf gegen Hunger durch Intensivierung der Agrarproduktion in Europa und Heilsversprechen aus dem Gentech-Labor. Die Koalition leugnet die sozialen und ökologischen Ursachen von Hunger, die Lösungspotenziale vor Ort und die Mitschuld der Industrieländer! Das ist Neokolonialismus! Wir haben den Antrag daher abgelehnt. In der Debatte am Donnerstag verwies ich auf unser ganz anderes agrarpolitisches Leitbild. Wir fordern wie der Weltagrarbericht oder das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages sozial-ökologische Lösungsansätze.