Unvernüftige Gentech-Petition vom „Forum Grüne Vernunft“

Eine neue Gentechnik-Petition an den Deutschen Bundestag kann auf den ersten Blick ganz schön verwirren. Geht es doch um mehr Kennzeichnung, also um ein mehr an Verbraucherinformation. Doch betrachtet man die Forderung des „Forums Grüner Vernunft“ genauer, dann fällt auf, dass es nicht um Vernunft, sondern darum geht, der Agro-Gentechnik in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Diese Petition ist ein trojanisches Pferd der Gentech-Lobby.

Um was geht es?

Unter dem Motto „Mündige Verbraucher fordern: Sorgt endlich für Transparenz“ haben der Forums-Vorsitzende, Minister a.D. Dr. Horst Rehberger, der Vorsitzende der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt, Staatssekretär Marco Tullner, der hessische Vorsitzende des Verbands Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin (VBIO), Prof. Dr. Wolfgang Nellen, sowie der Vorsitzende des Wissenschaftlerkreises Grüne Gentechnik (WGG), Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany, eine Petition an den Bundestag vorbereitet, die seit Dienstag, 19.05.2015, im Internet freigeschaltet ist und dort binnen vier Wochen, also bis spätestens 15. Juni 2015, durch Mitzeichnung unterstützt werden kann. Wie es in einer Pressemitteilung des Gentech-Lobby-Vereins heißt, wird die Petition, „von 50 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Wirtschaft und Politik unterstützt.“ Bis Ende Mai unterzeichneten knapp 1.000 Leute. Um eine öffentliche Anhörung im Bundestag zu erreichen, werden 50.000 Unterschriften benötigt.

Die Petenten fordern, „zur Transparenz und besseren Verbraucher-Information 1.einen Gesetz-Entwurf vorzulegen, dass alle Lebens-, Arznei-, Futter-, Reinigungs- und Waschmittel, Textilien und anderen Produkten, bei deren Herstellung und Weiterverarbeitung gentechnologische Verfahren eingesetzt wurden, auf der Verpackung zu kennzeichnen sind. 2. darauf hinzuwirken, dass die EU eine solch umfassende Kennzeichnungspflicht einführt.“

Was aussieht wie umfassende Transparenz ist in Wirklichkeit Vernebelungstaktik durch Gewöhnung. Denn im Gegensatz zu gentechnisch veränderten Pflanzen und daraus hergestellten Lebensmitteln, die zum Glück kaum in Europa zu finden sind, sind andere biotechnologisch Verfahren weit verbreitet. Die Petenten verfolgen die alte Strategie der Gentech-Lobby alles zu kennzeichnen, was irgendwie mit Biotechnologie in Berührung kam (bspw. auch Geldscheine, die ggf. Fasern transgener Baumwolle enthalten oder Käse, der mit gentechnisch verändertem Lab hergestellt wurde). Angeblich soll das auf 80 Prozent aller Lebensmittel zutreffen. Umfassende und seriöse Studien, wie viele davon „mit der Gentechnik in Berührung gekommen sind“ liegen allerdings nicht vor. Und diese Berührung ist natürlich auch ein sehr abstrakter Begriff. Wenn bestimmte Enzyme oder Vitamine, die in den Lebensmitteln sind, von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert werden, dann würde das dazu zählen. Doch solch ein Zusatzstoff ist selbst kein „gentechnisch veränderter Organismus“ und auch kein Teil davon.

Verwirrende Kennzeichnung

Gegen eine umfassende Kennzeichnung ist ja nichts zu sagen, aber an dieser Stelle würde sie erstens sehr verwirren und wäre zweitens auch nicht wirklich transparent. Denn es werden Äpfel mit Birnen verglichen. Es gibt einen Unterschied zwischen der Agro-Gentechnik (Grüne Gentechnik) und sonstigen Biotechnologien. Transgene Pflanzen werden in der Umwelt, in der freien Umgebung angebaut und können sich von alleine verbreiten. Damit stellen sie ein enormes Umweltrisiko dar. Bei den Produkten der weißen oder roten Gentechnik ist das nicht der Fall, da sie im Labor angewandt werden. Daher wäre es unangemessen, all diesen Produkten den gleichen Gentech-Stempel in Form eines Logos aufzudrücken.

Wenn es zu mehr Kennzeichnungen im Bereich der Gentechnik kommen sollte, dann wäre zuallererst die so genannte Kennzeichnungslücke bei tierischen Produkten zu schließen. Also auf den Verpackungen von Käse, Eiern und Milch müsste der Verbraucher erkennen, ob die jeweiligen Tiere mit Gentech-Pflanzen gefüttert worden sind. Denn die meisten lehnen das zwar ab, können sich im Supermarkt aber nicht bewusst gegen eine solche Fütterung entscheiden. Würden sie das tun, dann ginge zumindest theoretisch auch der Gentech-Anbau von z.B. transgener Soja in Brasilien oder Argentinien zurück. Eigentlich wollte sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für solch eine Kennzeichnung einsetzen. Das steht zumindest so im Koalitionsvertrag. Doch kürzlich wurde dieses Vorhaben heimlich, still und leise durch eine Textpassage im Agrarbericht 2015 beerdigt, weil es dafür angeblich in der EU keine Mehrheiten gäbe.

Was wäre sinnvoll?

So lange die Agro-Gentechnik noch nicht verboten ist, wären folgende Schritte sinnvoll:

  • Kennzeichnung tierischer Produkte, die mit Gentech-Pflanzen gefüttert wurden (Eier, Milch, Käse, etc.)
  • Kennzeichnung von Textilien (bspw. von Gentech-Baumwolle)
  • Unterstützung der „Ohne-Gentechnik-Kennzeichnung“ durch öffentliche Kampagne wie beim Bio-Siegel
  • Perspektivisch könnte man auch über eine Kennzeichnung der Enzyme und Zusatzstoffe nachdenken, aber dann nicht pauschal „mit Gentechnik“ sondern ganz detailliert „mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt“ in der Liste der Inhaltsstoffe.