6. Integraler Taktfahrplan – „Deutschlandtakt“

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Die schlechte Abstimmung der Verkehrsmittel aufeinander wurde in der oben gezeigten Umfrage als wichtigstes Argument gegen die Benutzung des öffentlichen Verkehrs angegeben, aber auch die insgesamt zu lange Reisezeit war für viele der Befragten ein Problem. Beides ließe sich durch die Einführung eines Integralen Taktfahrplans (ITF) stark verbessern: Bei einem solchen ITF treffen sich die Züge und wo immer möglich auch die anderen öffentlichen Verkehrsmittel an einem Bahnhof jeweils zu festgelegten Zeiten (üblicherweise die volle oder halbe Stunde). Das ermöglicht eine Minimierung der Umsteigezeiten. In kleineren Städten kann ein solches Modell auch durch ein „Rendevouz-System“ für die lokalen Busse umgesetzt werden. Diese Vernetzung führt insgesamt zu einer deutlichen Verkürzung der Reisezeiten und zu einem größeren Komfort, da es kaum Wartezeiten für Anschlusszüge oder -busse gibt.
Ein solcher ITF ist in der Schweiz ebenfalls erfolgreich realisiert. Hier hat man im Rahmen des Projekts „Bahn 2000“ nur dort Strecken neu- und ausgebaut, wo es für die Verbesserung des ITF notwendig war.[15] Es wurden keine milliardenteuren Neubaustrecken mit fraglichem Nutzen für den Bahnverkehr gebaut wie in Deutschland.[16] Viele Maßnahmen für eine moderate Beschleunigung konnten in der Schweiz nach dem Motto „Elektronik vor Beton“ auch durch Verbesserungen an der Signaltechnik oder durch geringfügige Ausbaumaßnahmen wesentlich günstiger realisiert werden. So wurde mit relativ geringen Kosten und ohne Hochgeschwindigkeitsstrecken eine höhere Netzgeschwindigkeit erreicht, das heißt, die Fahrtzeiten zwischen beliebigen Start- und Zielpunkten konnten deutlich sinken. Tituliert als „Deutschlandtakt“ wird ein solcher ITF auch bereits von zahlreichen Initiativen für Deutschland gefordert, und inzwischen wurde ein Gutachten für ein solches System angefordert. In Deutschland wären anders als in der Schweiz Hochgeschwindigkeitsstrecken in das System eingebunden. Diese machen jedoch nur auf großen Entfernungen – insbesondere auch zur Ersetzung des überflüssigen Inlandsflugverkehrs – und nicht überall Sinn. Weitere Neubaumaßnahmen sollten außerdem immer genau daraufhin geprüft werden, wie sie in das Gesamtsystem passen und den ITF als Ganzes verbessern. Das Denken in Netzen ist wichtiger als in Höchstgeschwindigkeiten. Zurzeit werden oftmals die wenigen durch hohe Geschwindigkeiten gewonnenen Minuten beim Umsteigen durch fehlende Anschlüsse wieder zunichte gemacht. Der Güterverkehr lässt sich überdies über entsprechende „Slots“ hervorragend in das System einbinden.


InterRegio wieder einführen
Um ein zusätzliches Zugangebot insbesondere auch abseits der Metropolen zu schaffen und die kontraproduktive Trennung zwischen Fern- und Nahverkehr zu überwinden, sollte das Netz der InterRegio-Züge wieder eingeführt werden. Diese waren bis Ende der 1990er Jahre die erfolgreichsten Züge der Bahn im Fernverkehr und banden insbesondere auch viele kleinere Städte an den Bahnverkehr an. Viele dieser Städte haben seit der Abbestellung und der Verlagerung vieler Verbindungen in den öffentlich bezuschussten Nahverkehr, wodurch die DB AG den scheinbaren Bilanzgewinn erhöht, keinen Fernverkehrsanschluss mehr.[17] Es gibt bereits konkrete und direkt umsetzbare Konzept für die Linienführung eines zukünftigen InterRegio-Netzes unter anderem mit innovativen Konzepten der Zugteilung („Flügelung“), um die Linien auch an den Enden besser auszulasten.[18] Wir fordern deren Umsetzung, um die Versorgung des ganzen Landes mit einem attraktiven Bahnverkehr zu ermöglichen.


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[15] Christian Kräuchi & Ueli Stöckli (Hrsg.): Mehr Zug für die Schweiz. Zürich, AS Verlag 2004.[zurück zum Text]
[16] Bernhard Knierim & Winfried Wolf: Alternativer Geschäftsbericht 2011 der Deutschen Bahn AG. Berlin: Bahn für Alle, 2012, als pdf-Download unter www.bahn-fuer-alle.de. [zurück zum Text]
[17] Recherche von Felix Berschin für Report Mainz. Mainz: SWR, 27.3.2012. [zurück zum Text]
[18] Karl-Dieter Bodack: Für eine Angebotsoffensive im Schienenverkehr - Erwartungen und Erreichtes der Bahnreform. In: Bernhard Knierim und Winfried Wolf (Hrsg.). Alternativer Geschäftsbericht 2010 der Deutschen Bahn AG. Michendorf: Lunapark21 GmbH, 2011, Seite 57-64. [zurück zum Text]