Auto.Mobil.Krise.Internationale Konferenz vom 28. bis 30. Oktober 2010 in Stuttgart

Eine lange Autonacht steht am Anfang. ... und dann geht es zwei Tage und zwei Abende weiter um die Themen Krise und Umsteuern, um Konversion, Alternativen der Mobilität, um Beschäftigung, Ökologie und E-Autos, Bahn für Alle! und Daimler, die "Stadt ohne Auto?", das "Auto im Kopf" und um Solidarität. Das sind einige zentrale Stichworte der international besetzten Konferenz zur Transformation der Autogesellschaft, die am 28., 29. und 30 Oktober dieses Jahres in Stuttgart stattfindet. Es gibt Vorträge, Debatten und Podien, Film und Bilder, Netzwerke und Ideen, Utopien und Alternativen. Zehn Workshops, drei Debattenforen und vier zentrale Vorträge wechseln sich ab. Erfunden und getragen von der Rosa Luxemburg Stiftung mit der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

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 sowie der Fraktionsgemeinschaft
SÖS/DIE LINKE im Rathaus Stuttgartund einem breiten Kooperationskreis dem gewerkschaftlichen Bereich, dem globalisierungskritischen und ökologischen
Spektrum, entwicklungspolitischen Organisationen und verkehrspolitischen Initiativen – darunter der Wissenschaftliche Beirat von Attac, TIE/Netzwerk Auto, express, Daimler-Koordination u. a..

Worum geht es? Wir fragen, ob es wirklich einen nachhaltigen Ausweg aus der Krise der Autoindustrie gibt. Es geht uns um eine nachhaltige Beschäftigungssicherung in der Krise, um realistische neue Ideen und
Strategien einer sozial gerechten Mobilität, um Beschäftigungssicherung
(auch durch Konversion) und um einen Einstieg in den Umstieg. Natürlich verlangt
das die Perspektive einer nachhaltigen Veränderung der Struktur des Kapitalismus, der schließlich den Krisenschlamassel der letzten zwei Jahre gebracht hat.

Trotz aktueller Aufschwungsnachrichten ist die Überproduktionskrise der Automobilindustrie in Nordamerika und Europa keineswegs vorbei. Der „Kapazitätsüberhang“ - so die Formulierung der OECD in ihrem aktuellen Bericht „Die Automobilindustrie in der Krise und danach“ - dauert an. Die OECD schreibt: „Der überwiegende Teil des Trendabsatzwachstums wird auf die BRIC-Länder und andere aufstrebende Volkswirtschaften entfallen, wohingegen die Absatzsituation
auf den reiferen OECD-Märkten mehr oder weniger gleich bleiben.“ Nach konservativen Schätzungen wird im Jahr 2014 bereits jedes dritte Auto in Brasilien, Russland, Indien und China abgesetzt. Ein derart sich immer stärker spaltender globaler Automobilmarkt führt dazu, dass die hierzulande schon lange vor der aktuellen Finanzkrise begonnene Beschäftigungskrise sich langfristig fortsetzen wird
und sich die Schlüsselzentren der Produktion und des Absatzes v.a. nach Asien verlagern werden. Alle global agierenden Unternehmen versuchen, sich auf diese Spaltung des Weltmarktes einzurichten. Diese bildet auch einen Hintergrund der Beschäftigungspolitik hierzulande (und der teilweisen Abwälzung ihrer Finanzierung mittels Abwrackprämie und vergleichbarer Staatsinterventionen auf die Konsumenten und die Beschäftigten selbst). Der Arbeitsplatzabbau hat – mit
Schwerpunkt USA – schon seit langem begonnen. Und er setzt sich fort. In den USA ging er einher mit einem starken Niedergang der Gewerkschaft (UAW)
in der US-Automobilindustrie. Was dort schon lange dramatische Formen angenommen hat, findet sich in dieser oder jener Form auch in einer Reihe europäischer Länder wieder.


Neben dieser zyklischen Krise spielt die große strukturelle Krise der Autoindustrie eine entscheidende Rolle. Die so erfolgreiche Verkehrsordnung, in deren Zentrum „das Auto“ steht, stößt auf absolute Grenzen: die Ressourcen, die es verbraucht (1), gehen zu Ende (Erdöl!). Sie werden (2) empfindlich verringert (Rohstoffe!). Sie sind (3) nur noch begrenzt belastbar (Flächenverbrauch!). Die Art und Weise ihrer Vernutzung (4) hat zerstörende Effekte (Klimakrise!). Der Entwicklungspfad des „Verkehrs auf fossiler Basis“ stößt weiter auf relative Grenzen: seine Effizienz
nimmt auf vielfältigen Ebenen ab; die negativen Folgen und Nebenwirkungen vermehren sich: In den Autostädten verlangsamen sich die Wegegeschwindigkeiten
– auch diejenigen der Fußgänger. Die Wege, um die selben Dinge zu erledigen (Arbeiten, Wohnen, Einkaufen), werden länger. Der Lärmpegel steigt an;
der Lärmteppich verdichtet sind. Die sozialen Kosten nehmen zu. Die Anzahl der im Straßenverkehr weltweit getöteten Personen übersteigt bereits eine Million pro Jahr; im Straßenverkehr schwer verletzt werden jährlich einige dutzend Millionen Menschen. In einer neuen Studie der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
und des Instituts für Automobilwirtschaft („Unternehmens- und Markenkonzentration in der europäischen Automobilindustrie. Mögliche Szenarien im Jahr 2025“, Stuttgart 2010) heißt es: “Aufgrund steigender Cost of Ownership (Aufwendungen für das Eigentum) wird es für eine wachsende Zahl von Menschen immer schwieriger, ein eigenes Fahrzeug anzuschaffen und zu unterhalten. Verstärkt wird
dieser Trend durch die fortschreitende Urbanisierung, die den Nutzen eines eigenen Fahrzeugs immer mehr reduziert”.


Kurz & bündig: It’s time to say goodbye.
Wenn es so nicht mehr weitergehen kann und wird – wie werden dann die zukünftigen Mobilitätsordnungen (Plural!) aussehen? Das ist keine Frage der Eigentümer allein. Daher ist eine strategische Auseinandersetzung über Konversion, sozial-ökologische Transformation und eine neue „postfossile Mobilitätsordnung”
eine wesentliche Aufgabe der Gewerkschaften, der Linken, von ökologischen und sozialen Bewegungen und – nicht zu vergessen! – derjenigen, die mobil sind und nutzen (müssen), was zu finden ist. Unternehmen werden dabei zweifellos Akzeptanzen wiedergewinnen können, wenn sie langfristige Zielsetzungen wie „sicheres und unfallfreies Auto”, „emissionsfreies Auto”, „erschwingliches Auto” verwirklichen können oder solchen Leitbildern zumindest überzeugend verfolgen.
Doch das ist zu wenig.


Zwar wird die Kombination von Krisen, Expansion in neuen Märkten und weithin ungebrochener und gestärkter Macht des Großeigentums die Durchsetzung
anderer Wege (und erst recht grundlegend alternativer Wege) schwer machen – aber nicht aussichtslos. Wir wollen die Aussichten darauf verbessern – durch
diesen Kongress. Wir wollen die Stärkung einer (öffentlichen), beschäftigungswirksamen ökologischsozialen Reformalternative (ÖPV, Schiene, Alternative Mobilität) unterstützen. Ohne eine gründliche kritische Bilanz der großen Ordnung des Verkehrs, in deren Zentrum das Auto steht, kann das alles nicht gehen. Diese Bilanz bietet der erste Teil des Kongresses (Freitagnachmittag und Freitagabend).

Zuvor kommen bereits am Freitagmorgen zu einem großen Forum Auto.Arbeit.Solidarität Kollegen und Kolleginnen aus Mexiko, Brasilien, Indien, Schweden, Kanada, China, der Türkei, den USA und Deutschland zu einem internationalen Erfahrungsaustausch zusammen. Ab 15 Uhr gibt es dann zentrale Wortmeldungen von Fachleuten aus Gewerkschaft, Politik, Ökologie und Wissenschaft: Es geht um eine Zwischenbilanz Auto.Krise, um die Ökonomie, Ökologie und Politik des Autos und um Auto, Gesellschaft und Arbeit: Detroit und anderswo. Auf einer Podiumsdiskussion fragen am Abend Betriebsräte, Bundestagsabgeordnete, Vertreter von BUND und Attac nach nachhaltigen Wegen aus der Krise – damit nicht wieder alles von vorne anfängt!


Das Herzstück der Konferenz bilden am Samstag von 10 bis 17 Uhr rund ein Dutzend Arbeitsgruppen, in denen sperrige, aber zentrale Themen diskutiert werden wie „Konversion, Umbau im Betrieb und Perspektiven in der Region“, „sozialökologische Industriepolitik und Transformation“, „Gute Beschäftigungsperspektiven durch Investitionsprogramme?“, „E-Automobilität:
Vision und Realität“, „Integrierte Mobilitätskonzepte“, „Klimaschonende Autos – geht das?“, „Bahn der Zukunft – Bahn für alle! – Eine konkrete Utopie“, „Expansive
Automobilisierung und räumliche Entwicklung – Stichwort Globalisierung“, „Stuttgart 21 – Vorhaben, Kritik, Kämpfe, Alternativen“, “, „Auto im Kopf: Neues aus der Autokultur“, „Der Daimler-Fall“ oder „Stadt ohne Auto?“ Mit I.A.A. schließt den Kongress am Samstagabend ab: auf dem international besetzten Podium International. Auto. Alternativen werden Alternativen der Mobilität, internationale Erfahrungen und Beispiele einer neuen Verkehrspolitik diskutiert.


Wer nimmt teil? Bisher haben wir bereits über 40 Kollegen und Kolleginnen gewonnen, zu den einzelnen Themen kurze Inputs zu geben, einleitende Beiträge
zu machen oder an den zentralen Diskussionspodien teilzunehmen. Vor allem freuen wir uns, dass wir Gäste aus acht Ländern in Stuttgart werden begrüßen
können.


Es haben zugesagt u.a. Tom Adler, Daimler Koordination * Elmar Altvater, Wissenschaftlicher Beirat Attac * Antje Blöcker, Wissenschaftszentrum Berlin * Bernd Brouns, Die Linke * Mario Candeias, RLS * Enrique Gómez Delgado, POS Mexiko * Rainer Einenkel, Opel- Betriebrat * Björn Harmeling, Vertrauenskörperleiter VW Salzgitter * Peter Hennicke, Wuppertal Institut *
Karl-Otto Henseling, ehemals Umweltbundesamt * Kai Kaschinski, Alaska * Gerald Kemski, GUE * Johann- Günther König, Autor * Heiner Köhnen, TIE * Andreas
Knie, Wissenschaftszentrum Berlin * Stephan Krull, RLS/attac * Jesus Torres Nuno, Euzkadi Mexiko * Brigitte Öhrlein, RLS/Attac * Sabine Leidig, Die Linke * Ulla Lötzer, Die Linke * Catherine Lutz, Brown University USA * Johanna Maiwald, Die Linke * Benedicto Martinez, Betriebsrat VW-Mexiko * Werner Reh, BUND * Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe * Rainer Rilling, RLS * Herman Rosenfeld, CAW Canada * Bernd Röttger, Uni Jena * Valter Sanchez, CUT Brasilien/Aufsichtsrat Daimler * Hendrik Sander, Attac * Michael Schlecht, Die Linke * Ursula Schönberger, Die Linke * Tobias Schulze, Die Linke * Oliver Schwedes, TU Berlin * Gangolf Stocker, SÖS Stuttgart * Lars Stubbe, Blauer Montag * Stefan Thimmel, Uni Jena * Sabine Wills, GUE *Winfried Wolf, Bahn für Alle!/Die Linke *


Die Konferenz ist nicht allein
Es gibt begleitende und vorbereitende Tagungen einzelner Landesstiftungen der Rosa Luxemburg Stiftung (u.a. Mobilitätstagung der RLS Niedersachsen am 27.
und 28. August 2010 in Hannover-Linden). Darüber hinaus wird auf dem Europäischen Sozialforum in Istanbul Anfang Juli 2010 ein von der RLS und lokalen
Partnern organisiertes Seminar zum Thema angeboten (mit MdB Sabine Leidig und türkischen Partnerorganisationen). Die Zeitschrift LuXemburg bereitet ein Schwerpunkt-Heft zum Thema vor, welches zur Tagung Ende Oktober vorliegen wird.


Veranstaltungsorte: Rathaus Stuttgart, DGB-Haus Stuttgart, Haus der Wirtschaft.


Kontakt RLS Berlin: Stefan Thimmel (stefan.th@snafu. de, Mobil 0170-8346511); Rainer Rilling (rilling@rosalux. de, Tel. 030-44310-129); Mario Candeias (candeias@ rosalux.de, Tel. 030-44310-179);
Kontakt RLS Niedersachsen: Stephan Krull stephan@
krullonline.de;


Kontakte Die Linke. im Bundestag: Ursula Schönberger (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!); Johanna Maiwald (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!); Tobias Schulze, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Bernd Brouns (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!); Sabine Leidig (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!); Winfried Wolf (sabine. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)


Koordination und Kontakt: Stefan Thimmel
(Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel. Mobil 0170-8346511)


Das Blog zur Konferenz mit allen Infos:
http://auto-mobil-krise.de.
Dort auch Anmeldungen zur Tagung.