Der Sklave der Schlachthöfe

In den agrarpolitischen Debatten wird oft und völlig zu Recht auf Tierschutz-Probleme in der Fleischproduktion hingewiesen. Mangelhafte Betäubungen, lange Fahrtwege zum Schlachthof oder trächtige Kühe, deren ungeborene Kälber beim Schlachten des Muttertiers qualvoll ersticken sind einige Beispiele. Die Missstände sind lange bekannt und die Politik ist gefordert, hier endlich zu Lösungen zu kommen.

Doch im Schlachthof darf es nicht nur um das Leid der Tiere gehen. Sondern auch um das Leid der Menschen, die dort arbeiten. Ihre Arbeits- und Lebensbedingungen werden noch viel zu oft ausgeblendet. Dabei sind sie nicht nur Teil der Problemzone Schlachthof, sondern ihre Verbesserung ist auch Teil der Lösung. Gut bezahltes und gut ausgebildetes Personal sind Grundlagen für einen würdevollen Umgang mit Schlachttieren.

Doch die Realität sieht leider ganz anders aus. Die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ berichtet, dass aktuell 80 Prozent der Schlacht- und Zerlegearbeiten von Werkvertragsarbeitern erledigt werden. Ein Gewerkschafter spräche von „moderner Sklaverei“. Es handle sich um ca. 40.000 Menschen aus Osteuropa, die unter unwürdigen Arbeitsbedingungen zum Wohle der Fleischkonzerne schuften müssen. Mafiöse Strukturen und Lohndumping durch die Lohnunternehmer seien an der Tagesordnung. Diese Schattenarmee aus Sklaven lebe unter unwürdigen Bedingungen. Viele hausen in völlig überbelegten Zimmern oder müssen wegen fehlender Unterkunft gar im Wald übernachten.

Für die AG „Ernährung und Landwirtschaft“ der Linksfraktion sind das unerträgliche Zustände. Daher haben wir uns diese Woche mit Vertretern der zuständigen Gewerkschaft NGG getroffen und darüber beraten, was getan werden kann. Es wird erwartet, dass die Mindestlohnregelung zu deutlichen Verbesserungen führen wird, weil nun die deutschen Standards für alle hier arbeitenden Arbeitnehmer_innen gelten. Dabei wird besonders wichtig sein, die Einhaltung streng und wirkungsvoll zu kontrollieren. Die Kontrollbehörden müssen schnell bedarfsgerecht mit gut geschultem Personal aufgestockt werden. Aber auch die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels muss thematisiert werden, sollen die Arbeits- und Einkommensverhältnisse in der Tierhaltung und an den Schlachthöfen verbessert werden und die Lebensmittelpreise trotzdem bezahlbar bleiben. Und nicht zuletzt brauchen auch die Beschäftigten aus anderen EU-Mitgliedsstaaten weiter die Anlaufstellen, die ihnen mit Information und Beratung zur Seite stehen.  

Fraglich bleibt, ob diese Fleischproduktion wirklich das System einer Schaukel ist, wie Brecht in seiner „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ behauptet: „Ist eine Schaukel mit zwei Enden, die voneinander abhängen, und die oben sitzen oben nur, weil jene unten sitzen“. DIE LINKE will diese Schaukel in die Waage bringen. Im Interesse der Menschen, der Tiere und der Natur.