Ein Stoffstrommanagement für die nachhaltige Tierproduktion

Die Nachfrage nach Lebensmitteln tierischen Ursprungs wird in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich erheblich steigen. Weltweit wird das vor allem von der wachsende Bevölkerung, der fortwährenden Urbanisierung und dem Wirtschaftswachstum in den Entwicklungsländern angetrieben. Dieser ständig steigenden Nachfrage stehen endliche natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Klima entgegen. Besonders in den letzten Jahren wurde die (industrielle) Tierproduktion wegen der verursachten Treibhausgasemissionen kritisiert. Zur Größenordnung der emittierten schädlichen Klimagase gibt es in der Literatur allerdings verschiedene Angaben. Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus des tierischen Produktes, von der landwirtschaftlichen Produktion bis zum Verbraucher, tragen Lebensmittel zu 31% der totalen Treibhausgasemissionen der EU bei (Europäische Kommission). Milch und Fleischprodukte allein sind für die ungefähre Hälfte der durch Lebensmittel generierten Emissionen verantwortlich.

Für den Emissionsanteil, welcher der landwirtschaftlichen Erzeugung generell zugeschrieben wird, findet man unterschiedlichste Zahlen. Diese reichen von 45%1 bis 75%2 der weltweiten Treibhausgasemissionen. Ansatzpunkte und Handlungsempfehlungen zur Treibhausgasreduzierung und der Reduzierung des Flächenverbrauchs betreffen neben dem Verbraucherverhalten, der Verarbeitung, dem Handel und Transport, hauptsächlich die landwirtschaftliche Produktion. In den Agrarwissenschaften werden Lösungen vor allem in der Erhöhung der Produktivität, also weniger Flächenbedarf und geringer Emissionen pro Produkteinheit, gesucht3.

Um die Produktivität der Tiere zu steigern, wird einerseits auf die Zucht von Hochleistungsrassen gesetzt, andererseits auf die optimale Fütterung der Tiere. Bei den Futtermitteln kommt es dabei besonders auf ein ideales Verhältnis von Proteinen zu Kohlenhydraten an. Die verstärkte Fütterung von Kraftfutter führt aber zum Rückgang der Weidehaltung und zum steigenden Verbrauch von Mais, Soja und Getreide. Heute findet die Tierhaltung in Europa weitestgehend nicht mehr basiert auf Grundfutter bzw. getrennt vom Ackerbau statt. Es wird hauptsächlich zugekauftes, maßgeschneidertes Kraftfutter verwendet, was die Importquote für die notwendigen Futtermittel in der EU auf in etwa bei 70% gesteigert hat. Dadurch wurde der eigentliche Flächenverbrauch der Tierproduktion in Europa quasi externalisiert. Mit der Abkopplung der Tierproduktion vom Ackerbau einher, ging auch ein struktureller Wandel der Tierproduktion hin zur großindustriellen Produktionsweise. Dadurch wurden die heutigen Größenordnungen der Produktion von Eiern, Milch und Fleisch überhaupt erst möglich.

Besonders als Eiweißfuttermittel werden in Europa vor allem Soja und Sojaprodukte genutzt, die zum allergrößten Teil importiert werden. Nur noch 5% der Eiweißfuttermittel wachsen heute noch in der EU4. Die weitgehend nach außen verlagerte Eiweißfuttermittelproduktion und deren Flächenverbrauch führt zu dem sogenannten „Flächenrucksack“ der Tierproduktion. Die Externalisierung der Anbaufläche für die Futtermittel betrifft vor allem die Entwicklungsländer. Problematisch wird es, wenn es zur Flächenkonkurrenz und anbaubedingten Umweltproblemen in diesen Ländern kommt. Ein Beispiel ist die synthetische Düngung der großen Monokulturen im Mais- und Sojaanbau die, neben dem Energieverbrauch, auch zu hohen Emissionen von Lachgas, das u.a. 295 mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid ist, führt.

Lässt man Betrachtungen um die Fütterung und Futtermittelproduktion außen vor, wurde vor allem  vor allem die Kuh in der Klimaforschung als Klimasünder ausgemacht. Als Wiederkäuer ist sie im Vergleich mit Schweinen und Geflügel der schlechtere Futterverwerter. Auch die Wachstums- und Fertilitätsraten von Wiederkäuern sind geringer. Schweine und Geflügel produzieren mehr Fleisch und brauchen dafür weniger Land und emittieren weniger Treibhausgase, vor allem Methan. Wenn man die konventionellen auf Hochleistungsfutter basierten Tierhaltung betrachtet sind diese häufig vorgebrachten Argumente richtig. In nachhaltiger Tierhaltung kann die Kuh aber auch zum Klimaschützer avancieren.. Wiederkäuer können aufgrund ihres symbiontischen Pansenorganismen ungünstiges Rauhfutter verwerten und auf Grünland das nicht zum Ackerbau geeignet ist, weiden und dieses vor Erosion schützen und düngen. Ein Veredlungsgewinn kann so auch auf ungünstigen Agrarstandorten erzeugt werden. Die mit den Wiederkäuern eigentlich verbundene Weidewirtschaft bringt eine Reihe ökologischer Vorteile mit sich. Wiesen und Weiden sind auf Grund ihrer Artenvielfalt ein wichtiger Beitrag zur Agrobiodiversität. Sie haben auch eine wichtige Hochwasser- und Erosionsschutzfunktion und können in nachhaltiger Bewirtschaftung durch eine positive Humusbilanz zur Festlegung von CO2 dienen7,8. Denn die Beweidung stellt weltweit die größte landwirtschaftliche Flächennutzung dar und könnte bei entsprechender Bewirtschaftung mehr Kohlenstoff speichern als andere landwirtschaftliche Nutzungsformen5.

Betrachtet man die Stoffströme der Intensivtierhaltung, werden neben den Treibhausgasemissionen vor allem durch die hohen Nährstoffeinträge in Boden und Gewässer Umweltprobleme verursacht. Besonders kritisch ist dabei der Stickstoff welcher durch Gülle, Klärschlamm, Bioabfall und Gärrückständen aus Biogasanlagen in den Boden eingetragen wird. Laut Umweltbundesamt sind wir noch weit davon entfernt das Ziel, mit 80 t Stickstoffüberschuß pro ha jährlich zu erreichen. Ist die Speicher und Pufferkapazität der Böden überlastet, können reaktive Stickstoffverbindungen (vor allem Nitrat) in Gewässer und Luft eingetragen werden. So entstanden Umweltprobleme sind oft kaum quantifizierbar und auch ökonomisch schlecht einzuschätzen6. Die Vergesellschaftung der Umweltkosten die durch die Intensivtierhaltung entstehen geschieht aber auf jeden Fall

Um eine nachhaltige Tierproduktion zu ermöglichen sollten Landwirtschafts- und Klimapolitik integriert werden. Es ist notwendig die internationale, nationale, regionale und betriebliche Stoffströme besser zu managen, besonders im Hinblick auf die Konzentration von den organische Nährstoffen, Stickstoff- und Phosphatverbindungen. Konkrete Maßnahmen könnten u.a. eine Förderung von Marktsegmente, die auf regionale Futterversorgung setzen, sein. Ein anderes Bsp. wäre die staatliche Förderung von Bodenbewirtschaftungsformen, die CO 2 langfristig speichern könnten. Besonders geeignet wären dafür eine klimaoptimierte Grünlandnutzung und Futtermittelanbau unter der Prämisse eines reduzierten Einsatzes synthetischer Düngemittel. Außerdem sollten die Herstellung, Verarbeitung und der Vertrieb von Futtermitteln möglichst regional gebündelt werden. Das schließt einerseits regionale Stoffkreisläufe und verringert Emissionen durch den Transport.

Fazit: Betrachtet man die Stoffströme in der intensiven Tierhaltung und die Umweltprobleme die sie verursachen ergibt sich die dringende Notwendigkeit ein nachhaltiges Stoffstrommanagement zu entwickeln. Um eine nachhaltige, klima- und ressourcenschonende Tierproduktion zu etablieren, muß man die Frage nach was, wo, wie und wie viel produziert werden soll, beantworten. Eine nachhaltige Tierproduktion sollte innerhalb der ökologischen Grenzen so funktionieren, dass sie Ressourcen schont und auch zukünftigen Generationen die Möglichkeit gibt wertvolle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs zu erzeugen.

 

Literatur

  1. Wiegmann K, Eberle U, Fritsche UR, Hünecke K (2005) Umweltauswirkungen von Ernährung : Stoffstromanalysen und Szenarien [online]. Hier zu finden. (Stand 17.10.2011)
  2. Hoffmann I (2002) Ernährungsempfehlungen und Ernährungsweisen : Auswirkungen auf Gesundheit, Umwelt und Gesellschaft. Giessen
  3. Garnett T (2011). Where are the best opportunities for reducing greenhouse gas emissions
    in the food system (including the food chain)? Food Policy 36 S23–S32
  4. Häusling, M. (2010): Europa braucht eine zukunftsfähige Eiweißstrategie! Das Landgrabbing mit Messer und Gabel muss beendet werden. Hier zu finden. (Stand 17.10.2011)
  5. FAO (2009): Review of evidence on drylands pastoral systems and climate change.Rome. Hier zu finden. (Stand 17.10.2011)
  6. Chonsch, L.,Dietrich Schulz, D. (2010):Stoffströme aus der Intensivtierhaltung. Ein ungelöstes Problem für den Bodenschutz? Hier zu finden. (Stand 17.10.2011)
  7. Apel W. (2009): Tierhaltung und Klimawandel. Die Kontroverse um den Einfluss von Fleischkonsum, Haltung und Fütterung auf den Klimawandel. Hier zu finden.  (Stand 17.10.2011)
  8. Ruppaner, M. (2010): Zukunft für Wiesen und Weiden. Plädoyer für eine Umkehr im Umgang mit Grünland. Hier zu finden. (Stand 17.10.2011)