Luftreinhaltung - Europa treibt die Kommunen an

Die EU ist die treibende Kraft bei der Bekämpfung von Luftverschmutzung im Allgemeinen wie auch von Feinstaubbelastung im speziellen. Sie hat mehrere Richtlinien erlassen, die eine deutliche Reduzierung der Luftverschmutzung zum Ziel haben. 1996 wurde eine erste, so genannte Rahmenrichtlinie zur Beurteilung und Kontrolle der lokalen Luftbelastungen erlassen. Dieser folgten drei weitere Richtlinien zwischen 1999 und 2002, in denen Grenzwerte für die lokal zulässigen Belastungen der Luft mit verschiedenen Schadstoffen festgelegt wurden. Diese Grenzwerte sind überall einzuhalten. Jede/r hat einen Anspruch darauf, dass an seinem Wohnort diese Grenzwerte eingehalten werden – dies wurde mittlerweile von Gerichten bestätigt.

Der Tages-Grenzwert für Feinstaub, der seit 2005 verbindlich einzuhalten ist, darf nach der Rechtslage an bis zu 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Er wird in Gewicht angegeben und beträgt 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Hierzu gab und gibt es oft Berichterstattungen aus der Presse, wenn an einigen Messstationen bereits zu Ostern zum 35. Mal der Grenzwert überschritten wurde. Das Umweltbundesamt gibt im Internet eine Übersicht darüber, an welchen Messstationen dieser Grenzwert wie oft überschritten wurde. Zusätzlich gibt es einen durchschnittlichen Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dieser ist aber wesentlich weniger aussagekräftig und auch leichter einzuhalten, da kurzfristige, extreme Belastungen über das Jahr ausgeglichen werden können. Städte, die diese Grenzwerte nicht einhalten, werden nicht „bestraft“. Sie müssen vielmehr aktiv werden, um die Luftbelastung ihrer Bevölkerung zu vermindern. Da die Grenzwerte für die anderen Schadstoffe eigentlich fast überall eingehalten werden (was sich aber ab 2010 ändern dürfte, wenn sich diese verschärfen), geht es hier fast ausschließlich um die Feinstaubbelastung und deren Verminderung in den Städten.

Dabei unterscheidet man zwischen eher langfristig ausgerichteten Luftreinhalteplänen, die der EU-Kommission zu übermitteln sind, und den auf eine kurzfristige und schnelle Verminderung einer Luftbelastung zielende Aktions- oder Maßnahmeplänen. Obwohl es seit Jahren bekannt war, dass ab 2005 Grenzwerte für Feinstaub gelten und welche Konsequenzen dies haben wird, sind viele Städte erst sehr spät aktiv geworden. Mittlerweile gibt es aber bereits eine Reihe von Plänen. Betroffene Bürger haben bei einer Überschreitung der Grenzwerte einen rechtlichen Anspruch auf die Erstellung von Aktionsplänen und können dies also einklagen. Sie haben aber keinen Anspruch auf die Durchführung bestimmter Maßnahmen und können wegen der Feinstaubbelastung auch keine Straßenbauvorhaben verhindern, da den Behörden ein großer Ermessensspielraum für geeignete Maßnahmen gewährt wird. Eine Übersicht über bestehende Aktionspläne inklusive Links zu diesen gibt es ebenfalls vom Umweltbundesamt.

Wegen der von den Städten nun durchzuführenden konkreten Maßnahmen regt sich vielerorts Widerstand. Auf der einen Seite herrscht eine große Unkenntnis darüber, welche Maßnahmen überhaupt geeignet sind, um die Feinstaubbelastung zu senken. So hat das in einigen Fällen durchgeführte morgendliche „wässern“ der Straßen keine echte Wirkung. Auf der anderen Seite sind viele Maßnahmen unbequem, wenn sie den Straßenverkehr, der eine der wesentlichen Quellen der Feinstaubbelastung ist, beschränken (vgl. Umweltzonen). Da viele Kommunen keine Maßnahmen durchführen wollen, gab es insbesondere seitens der Bundesländer großen Druck auf die EU, die Richtlinie abzuschwächen. Mit Erfolg: Im November 2005 hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung und Zusammenfassung der vier bestehenden Richtlinien zu einer Luftreinhalterichtlinie vorgelegt. Dadurch sollen insbesondere die bestehenden Grenzwerte für die Feinstaubbelastung abgeschwächt werden.

Hierzu gibt es allerdings unterschiedliche Positionen der Regierungen und des EU-Parlaments, so dass noch kein Beschluss getroffen wurde. Klar ist bislang nur, dass sowohl die ursprünglich vorgesehene automatische Verschärfung für die Überschreitung des Feinstaubgrenzwertes von 35 Tagen im Jahr auf nur noch 7 Tage pro Jahr ab 2010 entfallen wird. Außerdem müssen die Grenzwerte in Städten, die sich in einer besonderen räumlichen Situation befinden (Kessellage) oder sonstige natürliche Schwierigkeiten aufweisen, erst einige Jahre später eingehalten werden. Während das EU-Parlament für großzügige Ausnahmeregelungen eintritt, wollen die Regierungen und die Kommission diese eng begrenzen. Zudem will die Kommission diese Ausnahmen an strenge Auflagen wie die Verpflichtung zur Erstellung von Luftreinhalteplänen und eine Genehmigung durch die EU-Kommission knüpfen. Das EU-Parlament hingegen öffnet mit seinen Vorschlägen der Willkür Tür und Tor, wenn der Tagesgrenzwert an bis zu 55 Tagen überschritten werden darf und dies von den Mitgliedsstaaten ohne Beteiligung der EU-Kommission genehmigt werden dürfte.

DIE LINKE. Position: Da es leider eine Tatsache ist, dass die Feinstaubgrenzwerte in vielen Städten häufig überschritten werden, steht für uns weniger die Frage im Vordergrund, ob die jeweiligen Städte durch eine zu hohe Zahl von Überschreitungen „an den Pranger gestellt“ werden. Wichtig ist vielmehr, dass in all diesen Fällen konkrete Maßnahmen durchgeführt werden, um die Belastungen zu senken. Deshalb lehnen wir die Vorschläge des Europa-Parlaments ab und unterstützen eher die Pläne der EU-Kommission, die die Erteilung von Ausnahmen an die verbindliche Auflage zur Aufstellung von Aktionsplänen mit konkreten Maßnahmen koppeln will. Es sollten aber zusätzlich zukünftige Verschärfungen der Bestimmungen vorgesehen werden – sonst droht in einigen Jahren eine erneute jahrelange Diskussion darüber.

Im Jahr 2001 wurde zudem eine Richtlinie verabschiedet, die nationale Obergrenzen für die gesamten Emissionen von Luftschadstoffen festlegt – unabhängig davon, wo diese jeweils vorkommen. Diese wird NEC-Richtlinie genannt (NEC steht für „national emission ceilings“), steht allerdings nicht so im öffentlichen Interesse, da sie für die Bürger zunächst ohne Auswirkungen ist. Sie ergänzt sich aber gut mit der Luftreinhalterichtlinie, weil einerseits eine ausschließlich lokale Betrachtung die Gesamtemissionen außer acht lassen würde, andererseits eine ausschließliche Betrachtung der Gesamtbelastungen nicht verhindern könnte, dass es in einigen Orten zu erheblichen Belastungen kommt.

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