Solarstromförderung wirksam ausgestalten!

Auszug aus dem Antrag der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zum Gesetzentwurf der Regierung
Den vollständigen Antrag mit den Forderungen der LINKEN finden Sie hier (pdf)

Deutschland steht vor einer Systementscheidung. Der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien ist mit einer Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraft- werken und dem Neubau von Kohlekraftwerken nicht vereinbar. Der Sach- verständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung spricht von einem grundlegenden Systemkonflikt zwischen einem hohen Anteil von Strom aus Grundlastkraftwerken auf der Basis von Kohle und Uran und dem weiteren Aus- bau erneuerbarer Energien. Der Großteil der Grundlastkraftwerke ist gegenwär- tig in Händen der vier großen Energieversorger. Die notwendige Weichenstel- lung für erneuerbare Energien birgt damit die Chance, die oligopolistische Struktur des Energiemarktes und damit die Marktmacht der „großen Vier“ auf- zubrechen. Diese Chance sollte genutzt werden.

Seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist der Anteil erneu- erbarer Energien an der Stromversorgung von 6,4 Prozent (2000) auf über 15 Prozent (2008) angestiegen. Mit jährlichen Minderungen von gegenwärtig etwa 110 Mio. Tonnen Kohlendioxid (CO2) leisten erneuerbare Energien damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. In der Branche wurden zudem etwa 280 000 Arbeitsplätze geschaffen. Allein 60 000 Beschäftige entfallen auf die Photovoltaikbranche, vor allem im produzierenden Gewerbe und im Handwerk.

Wesentliche Ursache dieser dynamischen Entwicklung ist die durch das EEG garantierte Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien. Die eben- falls dort verankerte jährliche Absenkung der Einspeisevergütung (Degression) hat sich als Anreiz für technische Innovationen und die Optimierung in der Anlagenproduktion bewährt. Für Investoren wie auch für die produzierenden Unternehmen ist die Planungssicherheit durch mittelfristig festgelegte Vergü- tungssätze und Degressionen von zentraler Bedeutung.

Die von der Bundesregierung am 3. März 2010 beschlossene außerplanmäßige Absenkung der Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaikanlagen bricht mit dem Grundsatz der Planungs- und Investitionssicherheit. Aufgrund der in den letzten zwei Jahren drastisch gesunkenen Kosten für Solaranlagen und der Umlage der Einspeisevergütung auf die Strompreise ist dies zwar prinzipiell nachvollziehbar. Zeitpunkt und Höhe der Kürzungen bedeuten jedoch einen Tiefschlag gegen die Solarbranche. Zum 1. Juli 2010 sollen gemäß Kabinettbeschluss die Vergütungen für Dachanlagen um 16 Prozent und für Freiflächen- anlagen um 11 Prozent (Konversionsflächen) bzw. 15 Prozent (sonstige Flächen außer Ackerflächen) gekürzt werden – zusätzlich zu der jährlichen Degression von 9 Prozent.

Schon nach den ersten Ankündigungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ende Januar 2010 sind viele Investitionsent- scheidungen für Photovoltaikanlagen zurückgestellt und abgesagt worden. Viele heimische Standorte der Photovoltaikindustrie sind durch die geplanten Kürzun- gen in ihrer Existenz bedroht. Viele private Investoren stehen vor erheblichen Finanzproblemen, da sie bereits vertragliche Verpflichtungen für die Anschaf- fung von Solaranlagen für die Zeit nach dem 1. Juli 2010 eingegangen sind. Tau- sende Arbeitsplätze würden insbesondere in vielen strukturschwachen Regionen in den neuen Bundesländern verloren gehen, in denen der Großteil der heimi- schen Produktion von Solarzellen und -modulen angesiedelt ist. Schon Mitte der neunziger Jahre führte eine unbedachte Änderung der gesetzlichen Rahmenbe- dingungen für die Förderung erneuerbarer Energien durch die damalige Bundes- regierung zu einer Abwanderung der damals noch jungen Photovoltaikindustrie und zum Bankrott vieler mittelständischer Installationsbetriebe. Die ebenfalls von der Bundesregierung vorgesehene Verschärfung der flexiblen Reduzierung der Einspeisevergütung bei starkem Marktwachstum führt zu wei- terer Investitionsunsicherheit. Klimapolitisch ist es zudem verheerend, einen stärker als erwarteten Anstieg bei der Installation von Solaranlagen durch eine Kürzung der Förderung auszubremsen.

Eine zusätzliche Kürzung der Einspeisevergütung für Solarstrom muss daher in deutlich geringerer Höhe und zeitlich gestreckt erfolgen. Darüber hinaus gestal- tet ein Übergang von der jährlichen Absenkung der Einspeisevergütung zu vier- teljährlichen Degressionsschritten die „Vergütungssprünge“ verträglicher und führt zu einer Verstetigung des Ausbaus. Der Installationsboom gegen Ende des Jahres, kurz vor der nächsten Degressionsstufe zum 1. Januar, wird auf mehrere Termine im Jahr verteilt. Dies wirkt sich auch vorteilhaft auf das montierende Gewerbe aus und ist ein Beitrag zur Arbeitssicherheit, da Dachinstallationen in geringerem Umfang im Winter durchgeführt werden müssen.

Um einer Negativspirale bei Qualität und Lebensdauer von Photovoltaikanlagen aufgrund sinkender Vergütungssätze vorzubeugen, soll eine Qualitätsklausel eingeführt werden. Hersteller müssen zukünftig als Voraussetzung für den Ver- gütungsanspruch eine Gewährleistung von mindestens zwanzig Jahren garan- tieren. Darüber hinaus ist die Zertifizierung von Herstellern mit ressourcen- und umwelteffizienten Produktionsweisen voranzutreiben, um deren Marktchancen zu verbessern. Perspektivisch soll die Zertifizierung sowie eine verbindliche Vorschrift zum Recycling von Photovoltaikmodulen eine Voraussetzung für die EEG-Einspeisevergütung werden.

Die Umlage der Einspeisevergütung für erneuerbare Energien trägt zu einer Er- höhung der Strompreise bei. Deswegen muss die Einspeisevergütung möglichst effektiv ausgestaltet sein. Die gegenwärtige Debatte um die den Preis steigernde Wirkung der EEG-Umlage lässt jedoch andere wesentliche Treiber der Strom- preise außer Acht. Statt die Solarstromförderung mit klima- und industriepoli- tisch verheerenden Folgen übermäßig und rigoros zu kürzen, muss die Strom- preisregulierung wirksam und sozial gerecht ausgestaltet und die Struktur des Energiemarktes umgestaltet werden.

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