Bodenlos - wie die Bäuerin zu Land kommt

Die Ressourcen werden knapp, auch in Deutschland. Betroffen sind nicht nur Öl-, Kohle- oder  Wasservorkommen. Äcker und Wiesen, die als Rohstofflieferant und wertvoller Lebensraum dienen, sind rar. Statt Umwelt und Natur zu schützen, wird immer mehr Boden für Verkehrs- und Siedlungsbau genutzt. Investoren kaufen Land als Spekulationsobjekt, Landwirte finden kaum noch bezahlbare und fruchtbare Ackerflächen. "In Brandenburg sind die Bodenpreise um 200 - 300 Prozent gestiegen", berichtet Willi Lehnert, Gründer des "Bündnis Junge Landwirtschaft".

 

Wie soll also in Zeiten von Ressourcenknappheit der Zugang zum Boden, als wichtigste Voraussetzung landwirtschaftlicher Produktion geregelt werden? Mit dieser zentralen Frage der Agrarpolitik befasste sich die Veranstaltung "Plan B Konkret: Bodenlos - wie die Bäuerin zu Land kommt". Eine buntgemischte Gruppe Interessierter versammelte sich am Freitag, den 24. April, im Rahmen der Linken Woche der Zukunft in der Rosa Luxemburg Stiftung, um Lösungsansätze zum sozialökologischen Umbau zu diskutieren. Hans Thie, Wirtschaftsreferent der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, moderierte die Diskussion.

Ausverkauf öffentlicher Flächen an Spekulanten

Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, stellte ein Positionspapier vor, dass konkrete Vorschläge liefert, wie der Zugang zum Boden geregelt werden soll. Der "Ausverkauf öffentlicher Flächen an Spekulanten" und der "Anstieg von Boden- und Pachtpreisen" müsse gestoppt werden. Ebenfalls wichtig sei eine "breite Streuung des Bodeneigentums", um zu verhindern, dass immer weniger Bauern immer mehr Land besitzen.

"Die Ansätze dieses Papiers finde ich sehr gut, die Problematik muss mehr mediale Aufmerksamkeit bekommen", meinte Willi Lehnert. "Landwirtschaft ist meine Passion", sagte er und berichtete, wie schwierig es ist, als junger Landwirt bezahlbare Agrarflächen zu finden: "35 Prozent der EU-Landwirte sind über  65 Jahre alt, nur 7 Prozent unter 30".  Aus diesem Grund gründete er eine Bürgerlandgenossenschaft: die Ökonauten. Mit diesem Projekt möchte die Genossenschaft Existenzgründungen in der Landwirtschaft ermöglichen und Lebensmittel regional anbauen und vermarkten. So werden regionalansässige Produzenten und Konsumenten zusammengeführt. Auf den Punkt gebracht: Wochenmarkt statt Welthandel.

Carolin Callenius, Referentin bei "Brot für die Welt", wies über Deutschlands Grenzen hinaus auf die globalpolitische Dimension von Landgrabbing hin. Vertreibung und Verdrängung zu bekämpfen, sei gesellschaftliche Verantwortung. "Weltweit haben Frauen schlechtere Zugangsmöglichkeiten zu Land, wir müssen sie stärker mit einbeziehen", fordert die Agraringenieurin.

Bedrohliche Entwicklung

Auch Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der "Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.", verurteilte Landgrabbing als "Ausgangslage für Armut und Hunger": "Wir müssen zwischen Agrarfläche als Produktionsstandort und als Lebens und Wirtschaftsgrundlage differenzieren."  Die höchstmögliche Profitmaximierung stehe einer sozial gerechten Bodenpolitik im Weg.

Im zweiten Teil der Veranstaltung trat die Expertenrunde in den offenen Dialog mit dem Publikum. Viele der Anwesenden konnten ihre eigenen Erfahrungen als aktive oder ehemalige Landwirte einbringen. Nicht wenige stuften die aktuellen Entwicklungen als "bedrohlich" ein. Trotz der zukunftsorientieren Suche nach Lösungsansätzen war auch die Bodenreform nach Ende des Zweiten Weltkrieges und die Enteignung von NS-Kriegsverbrechern ein Thema. Zum Abschluss formulierten die Diskussionsteilnehmer, wie sich die Situation in den nächsten Jahren ihrer Meinung nach entwickeln sollte: "Ich würde mir wünschen, dass eine Allianz von aktiven Landwirten mit den Dörfern gemeinsam nachhaltige Landwirtschaft betreibt und sich gegen Großbetriebe zur Wehr setzt", lautete Kirsten Tackmanns Schlussplädoyer. Einen Wunsch, auf den sich alle einigen konnten.

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