Lärm macht krank – vor allem, wenn der Nachtschlaf gestört wird

Der enorme Lärm von Güterzügen bedroht die körperliche Unversehrtheit der Bewohnerinnen und Bewohner im Rheintal. Vorschläge für Abhilfe liegen auf dem Tisch und werden in der Schweiz längst praktiziert. Doch die CDU/CSU/FDP-Koalition will anscheinend die Lösung dem Markt überlassen – das ist unverantwortlich! Der Gesetzgeber muss endlich entschlossen eingreifen, um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Rede von Sabine Leidig im Plenum des Bundestages am 27.4. 2012 zu Anträgen der Opposition, deren Rücküberweisung ins Plenum die Koalitionsfraktionen verhindern.




>> Weitere Infos zum Thema Verkehrlärm inkl. Antrag der Fraktion DIE LINKE.



Redetext (es gilt das gesprochene Wort)

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen,

vor 25 Jahren hat der Rat der Sachverständigen für Umweltfragen die damalige CDU/FDP-Bundesregierung umfassend über die schädliche Wirkung von Lärm unterrichtet. Die Kernbotschaft ist mittlerweile vielfach bestätigt worden: Lärm macht krank – vor allem, wenn der Nachtschlaf gestört wird.

Schallpegel von mehr als 60 Dezibel am Tag und 50 Dezibel in der Nacht müssen als gesundheitliche Bedrohung angesehen werden.
Das heißt für unsere Bevölkerung: mehr als 30 Prozent sind Tag und Nacht von Straßenlärm bedroht. Und vom Schienenlärm tagsüber rund neun und nachts über 20 Prozent.

Wenn Sie mal im Rheintal unterwegs sind, dann können Sie es körperlich spüren, wie höllischer Krach alles kaputt machen kann.
Die Güterzüge, die dort mitten durch die Ortschaften fahren, werden immer mehr, die fahren vor allem in der Nacht, immer schneller und immer schwerer beladen. Oft sind die Waggons alt und die Gleise ungepflegt. Da sind 110 Dezibel keine Seltenheit – lauter als Kettensäge oder Presslufthammer.

Dass der Gesetzgeber – also die Mehrheit in diesem Parlament – dieser Art von „fahrlässiger Körperverletzung“ nicht Einhalt gebietet, das finde ich, ist ein Skandal.

Es ist doch verrückt, dass die Straßenbahnen und Personenzüge inzwischen ziemlich leise fahren, weil die öffentlichen Auftraggeber Wert darauf legen. Aber wo private Unternehmen, ja vor allem große Konzerne, ihre Produkte zwischen den Standorten in ganz Europa transportieren, um mehr Gewinn zu machen, da bleibt es laut – ohne Rücksicht auf Verluste. Und das ist nicht akzeptabel!

Es fehlt ja nicht an konkreten Möglichkeiten, wie man die Anwohnerinnen und Anwohner entlasten, wie man eine moderne Güterbahn mit Ausbauperspektive schaffen und dabei die Volkswirtschaft von unnötigen Krankheitskosten entlasten könnte.

Wir haben bereits vor einem Jahr schon einen Antrag mit 14 Punkten eingebracht. Die SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN haben in ihren Anträgen ebenfalls eine Reihe guter Vorschläge vorgelegt. Und es gibt sehr kompetente Forderungen von den Bürgerinitiativen.

Nur von den Regierungsparteien kommt fast gar nichts. Sie wollen lärmabhängige Trassenpreise und damit die Sache dem Markt überlassen. Aber der Markt wird es nicht richten – jedenfalls nicht vor dem Sanktnimmerleinstag.

Hier geht es aber um die Gesundheit und die Lebensqualität von rund 16 Millionen Menschen in Deutschland. Für die muss der soziale Staat, muss eine gute Regierung und muss dieses Parlament Verantwortung übernehmen!

Sorgen Sie dafür, dass die Graugussbremsen, als schlimmste Lärmquellen verboten werden, so wie es die Schweiz vormacht. Investieren Sie in besseren Bahnverkehr: nicht nur an neuen, sondern auch an bestehenden Strecken braucht es Lärmschutz. Schaffen Sie sofort Erleichterung für diejenigen, die am schlimmsten betroffen sind – zumindest mit Geschwindigkeitsbegrenzungen, wenn nötig auch mit Nachtfahrverboten.
Schließlich: schaffen sie den unsinnigen Schienenbonus ab und lasten sie alle gesellschaftlichen Kosten den Verursachern an – dem Straßen- und Flugverkehr genauso wie den Güterzügen.

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