Vielfältiges Saatgut statt einfältiger Agrarindustrie

Seit Mitte April 2013 kursieren aktuelle Meldungen durchs Netz, dass die EU-Kommission  beabsichtigt, die Saatgutgesetzgebung erheblich zu verschlechtern. Hintergrund ist eine Änderung des EU-Saatgutrechts durch ein umfassendes Gesetzespacket. Seit fünf Jahren wird daran gearbeitet, zuletzt wurde ein Entwurf Ende 2012 bekannt.

Das Online-Netzwerk campact, GLOBAL 2000 und die NGO „Save our seeds!“ haben Kampagnen gestartet. Sie kritisieren den Einfluss der Saatgutindustrie auf den Gesetzgebungsprozess. Tausende Bürgerinnen und Bürger schlossen sich bereits den Forderungen der Umweltverbände an. Auch Bundesagrarministerin Aigner äußerte sich ablehnend. Die Kritiker_innen befürchten, dass nach Annahme der vermeintlich beabsichtigten Verschlechterungen der Handel oder Tausch von alten, nicht EU-weit zugelassenen Sorten, erschwert oder teilweise sogar untersagt werden kann. Teilweise wird sogar befürchtet, Brüssel wolle nun schon bis in der Kleingarten hineinregieren. Dies wäre im Sinne der Agrobiodiversität ein erheblicher Rückschritt.

Entwurf noch unbekannt

Doch was genau im Entwurf steht, ist öffentlich noch nicht bekannt. Für den 6. Mai 2013 wird der Entwurf der EU-Kommission zur Änderung der EU-Saatgutverordnung erwartet. Danach wird sich das Europäische Parlament damit auseinandersetzen müssen, welches in der Regel weniger industriefreundliche Entscheidungen fällt, als die EU-Kommission (z.B. Entscheidung zu Biopatenten oder zum Klon-Fleisch). Das stimmt positiv.

Im Sommer 2012 gab es eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über das Saatgut. Das Gericht urteilte, dass Saatgut, welches keine amtliche Sortenzulassung besitzt, trotzdem vermarktet werden darf. Dadurch wurden bäuerliche Saatgut-Hersteller gestärkt. Bestehendes EU-Recht wurde so ausgelegt, dass alte Saatgutsorten (Landsorten) in geringen Mengen regional gehandelt werden dürfen.

Befürchtung und Entwarnung

Nun wird befürchtet, dass das 2012er-Urteil durch eine Novellierung der EU-Saatgutverordnung ausgehebelt werden soll. „Vorgesehen sind kostspielige Testverfahren, die nur industrielle Sorten der Agrarkonzerne bestehen können – alte und seltene Sorten werden damit von Weitergabe und Anbau ausgeschlossen. Damit bestimmen die Konzerne, was angebaut werden darf und auf unsere Teller kommt“, befürchtet GLOBAL 2000.

Die EU-Kommission gab Mitte dieser Woche allerdings Entwarnung. Sie weist die Medienberichte  und die damit verbundene Panikmache zurück. Auch in Zukunft dürfen private Gärtner_innen ihr Saatgut wie bisher  verwenden. Sie seien von den neuen Regelungen nicht betroffen, meldet die Nachrichtenagentur OTS. Die neuen Regelungen seien nur für gewerbliche Anwendung gedacht.  Für Kleinstunternehmen plane die EU-Kommission Ausnahmen, zum Beispiel bei den Anforderungen an Kennzeichnung und Verpackung. So sollen administrative Hürden und Kosten zu verringert werden.  Auch für alte Sorten wolle die EU-Kommission geringere Hürden vorgeben.

Was sagt DIE LINKE?

Für DIE LINKE ist die Agrobiodiversität ein hohes Gut. Sie gilt es zu verteidigen. So wichtig klare Zulassungs- und Kennzeichnungsvorschriften im Saatgutrecht auch sein mögen, dürfen sie nicht Katalysator für eine weitere Verarmung der Biodiversität sein. Daher wird DIE LINKE im Europarlament und im Bundestag genau prüfen, ob die von der EU-Kommission angekündigten Ausnahmeregelungen im Privatanwenderbereich bzw. bei den alten Sorten zielführend sind. Das gilt auch für wieder entdeckte Sorten. Private Gärten sind selbstverständlich tabu.

Bereits heute liegen große Teile des Saatgutmarktes in nur wenigen Händen. Jeder zweite Blumenkohl gehört direkt oder indirekt dem US-Konzern Monsanto. Aus Sicht der LINKEN muss deutlich abgewogen werden, für welchen Teil des Saatgutes Zulassungs- und Zertifikationspflicht besteht. Und welcher Teil einfach so angebaut, getauscht und in geringen Mengen gehandelt werden darf, wie bisher.

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